Nach ihrer EP „Hymns of Exil & Decay“ aus dem Jahr 2021 veröffentlichen die Amerikaner von Oryad mit “Sacred & Profane” nun ihre erste Full Length CD. Die interessante Mischung aus harten Gitarrenriffs, einigen symphonischen und jazzigen Elementen und vor allem dem Gesang von Moira Murphy, einer ausgebildeten Opern-Sängerin, sind Grund genug, sich etwas näher mit der Band zu beschäftigen.
Renald Mienert unterhielt sich mit der Bandleaderin Moira.
Der Status von Oryad ist nicht so ganz klar. Laut Klappentext der CD agiert man eher Quartett, das sich bei einigen Gästen musikalische Verstärkung holt. Neben der Sängerin haben wir noch Drummer Matt Gotlin-Sheehan, Gitarrist Luca Grieman und Adam Sanders, der wohl Bass spielt, auch wenn er nur als Mitkomponist einiger Songs genannt ist. Besucht man aber die Homepage von Oryad, werden aktuell nur Moira selbst und Drummer Matt als Mitglieder genannt. Haben wir es nun mit einer Band oder eine Art Projekt zu tun? Für Moira ist die Antwort klar: Weder noch.
Ich bevorzuge eher den in der Klassik verwendeten Begriff „Ensemble“. Wir begannen als typische lokale Metalband aus Denver, schrieben die gesamten Songs zusammen. Als ich dann im letzten Jahr in die andere Ecke des Landes zog, entschloss sich unser Gitarrist, der bis dahin mein musikalischer Hauptpartner war, sich anderen Projekten zu widmen. Luca hatte bereits Material für das neue Album geschrieben und das wurde auch alles von ihm aufgenommen. Er ist ein sehr guter Freund, wir treffen uns noch und ich freue mich, ihn zu sehen. Unser Bassist Adam Sanders ist ein sehr beschäftigter Musiker und entschied auch, nicht mehr Teil des eigentlichen Kerns von „Oryad“ zu sein. Also sind es aktuell Matt und ich und wir schreiben auch schon an neuen Songs. Aktuell sind wir in der Phase, wo wir überlegen, wie wir weitermachen, ob wir einen festen Gitarristen in die Band holen, oder weiter mit musikalischen Gästen arbeiten.
Es ist zwar nicht die originellste Frage, aber bei einer relativ neuen und unbekannten Band (ich meine natürlich Ensemble) kann man ja schon mal danach fragen, was es mit dem Namen auf sich hat. Zum Glück mag Moira die Frage.
Ich liebe es, darüber zu sprechen. Ich habe einfach den Begriff „Oread“ aus der griechischen Mythologie genommen und das „e“ durch ein „y“ ersetzt. Bei den Oreaden handelt es sich um Nymphen.
Fragt man Wikipedia, dann handelt es sich bei den Oreaden um Bergnymphen, die in Grotten, Bergen und Wäldern leben. Passt ja prima.
Ich liebe die Wälder. Ich gehe wandern, wann immer ich kann. Sie sind mein spiritueller Raum. Ich brauche von meinem aktuellen Wohnort nur zehn Minuten bis zum nächsten Wanderweg. Diese enge Verbundenheit mit der Natur und einer ungebundene weiblichen Seele findet man auch in meiner Musik und ich wollte einen Bandnamen, der das auch wiederspiegelt. Ich habe gegoogelt um sicherzustellen, dass dieser Name noch nicht benutzt wird. Ich habe aber nur eine Region im Iran gefunden.
Wenn man dann auch noch Songtitel wie „Lilith“ oder „Eve“ verwendet, liegt die Vermutung nahe, alles dreht sich um das weibliche Geschlecht.
Ein großer Anteil der Texte bezieht sich darauf, in einem mythologischen Rahmen Kraft aus der Weiblichkeit zu beziehen, starke Frauen, die Zivilisationen beeinflusst haben. Es geht aber nicht nur um Frauen. Wenn man die Dinge als Einheit betrachtet, gibt es natürlich immer auch den männlichen Aspekt.
Auch wenn Moira jetzt mit Oryad durchstartet, es bleibt doch auch Zeit für die Klassik.
Ich habe immer noch gelegentlich klassische Auftritte, aber Oryad ist mittlerweile so wichtig geworden, dass mein Hauptfokus darauf liegt. Aber ich habe zum Beispiel auch in einigen avantgardistischen Opern gesungen, aktuell aber auch Beethoven. Nicht so oft, aber diese Aktivitäten helfen mir, stimmlich fit zu bleiben. Unsere erste EP war noch sehr stark geprägt von Symphonic Metal, oder Gothic Symphonic Metal. Das waren meine ersten Erfahrungen mit diesem Genre und die Leute sagten, he, du bist eine Sopranistin. Auf dem neuen Album versuche ich verschiedene Gesangstile zu mixen, auch mal Belcanto oder auch einen Choral. Die Pianoparts von „Blood“ sind von Beethoven inspiriert, viele Songs von der Form her sind von Sonaten beeinflusst. Alle Songs die ich schreibe, beginnen am Klavier.
Und Metal mit klassischem Gesang beginnt immer mit Nightwish….
Durch Nightwish bin ich zum Metal gekommen und ursprünglich hat mich tatsächlich Tarjas Gesang sehr inspiriert, aber momentan höre ich vor allem die Musik von anderen Sängerinnen. Ich liebe die Band „Oceans Of Slumber“. Als ich den Gesang von Cammie gehört habe, hat das sozusagen mein Leben verändert. Und ich mag Eivør, zum Beispiel den Soundtrack zu „The Last Kingdom“. Ich mag aber auch männliche Sänger wie Einar von „Leprous“.
Euer Album heißt „Sacred & Profane“, übersetzt also etwa „Heilig und gottlos“, ein Widerspruch?
Der Name basiert auf einem Buch des Religionswissenschaftlers Mircea Eliade. Er vertritt die Theorie des ewigen Kreislaufs, dass Dinge immer wiederkehren.
Viele eurer Fans kehren auch immer wieder gerne auf YouTube zurück und sehen sich eure Videos an. Der visuelle Aspekt scheint dir sehr wichtig geworden zu sein.
Umso länger ich mit Oryad beschäftigt bin, umso mehr hatte ich das Bedürfnis, auch andere Kunstarten zu integrieren. Als wir die Videos zu dem Album drehten, wollten wir den Leuten auch etwas Besonderes bieten. Beeinflusst hat mich dabei der Film „Suspiria“ aus den Siebzigern. Wenn wir live spielen, kann ich das natürlich nicht in der Form rüberbringen, aber auch da haben wie eine gewisse Choreographie. Du kannst nicht auf ein Metalkonzert gehen, und dich nicht zu der Musik bewegen.
Wie habt ihr euch bewegt – von der EP zu dem aktuellen Album?
Die EP war für mich vor allem ein Lernprozess. Du kommst von der Oper, singst in Konzertsälen und dann bist du für die Aufnahmen in diesem kleinen Raum mit deinen Kopfhörern. Es war in etwas so, als würde ich etwas machen, ohne wirklich zu wissen wie. Für das Album wollten wir neue Einflüsse integrieren, wir hatten mehr Vertrauen zu uns selbst. Ich war aber schon sehr nervös, wie die Reaktionen auf die bereits ausgekoppelten Songs ausfallen würden, doch sie waren sehr positiv. Auch wenn ein Song wie „Scorched Earth“ noch Ähnlichkeiten zur EP aufweist, so gibt es doch schon Unterschiede, und ich wusste nicht, wie die Leute es aufnehmen würden.
Auch wenn ihr jetzt schon progressive und jazzige Elemente in eure Songs einbaut, geht da noch mehr?
In diese Richtung wird es gehen und wir arbeiten daran. Wir haben bereits neue Songwriting-Sessions und wenn sich etwas richtig anfühlt, dann machen wir es, was soll‘s.