Wir reden hier vom ersten Solo-Album des Ur-Yes-Sängers JON ANDERSON, welches im Jahr 1976 erschienen ist. Dabei sind wir in einer Schaffenspause seiner Haupt-Band, zwischen den heute (musikhistorisch anerkannt) mit besten Yes-Alben “Relayer” und “Going For The One”. Der Schreiber dieser Zeilen lernt das Werk um 1980 als unerfahrener Teenager im Radio kennen und schätzt sich glücklich, hier die zweite Album Seite auf Mono-Kassette mitschneiden zu können. Bis zum vollen Genuß des Werkes sollten politisch bedingt weitere etwa 10 Jahre bis zum Mauerfall vergehen. Ich fand das damals schon “alte” Werk als CD-Neuedition irgendwo beim Stöbern in einem Plattengeschäft und strahlte ob meines Fundes wie ein Honigkuchenpferd. Damals wie eigentlich heute noch war dieses Album für mich der Inbegriff vieler stiller Sehnsüchte. Nach Reisen, nach anderen Klängen, nach fantastischen Geschichten. Spirituell und dabei nicht religiös untersetzt im Inhalt, unglaublich in der Instrumentierung und in seiner dadurch erreichten Wirkung. Solche Alben sind für mich über all die Jahre der Grund, warum ich immer wieder leidenschaftlich Musik höre und nach Neuem suche. Heute zähle ich dieses Werk zu den Top3 der besten Alben aller Zeiten. So manche Stellen lassen immer wieder ein Tränchen der Überwältigung ans Tageslicht rücken. Diese emotionale Wucht wurde nach meiner Meinung von keinem Folgealbum von Jon Anderson, von keinem Solo-Werk eines Yes Musikers erreicht.
Viele Legenden ranken sich um dieses Album. So soll Jon Anderson, inspiriert unter anderem durch die “Herr der Ringe-Trilogie”, alleine ein Jahr gebraucht haben, um die Story zu entwickeln. Alle Instrumente wurden durch den Meister alleine eingespielt, viele Instrumente hatte er sich extra für dieses Album angeeignet. Eine Mitwirkung von VANGELIS wurde damals viel in den Medien diskutiert, aber durch ihn offiziell abgelehnt und erscheint heute auch unwahrscheinlich.
Man hört bei OLIAS OF SUNHOLLOW, wie Keyboards harmonisch mit verschiedensten teilweise exotischen akusitischen Instrumenten gleichberechtigt abgebildet werden. Alles passt harmonisch zusammen. Man muss sich auch überlegen, dass wir uns im Jahr 1976 befinden, frei von jeglichem heutzutage selbstverständlichem digitalem Equipment und Computern! Jon Anderson gab mancherorts zu Protokoll, dass er detailverliebt an mancher Stelle verzweifelt war und sehr lange brauchte, bis das Werk so klang wie er es sich vorstellte. Und doch war er mit dem Output nicht vollständig zufrieden. Bis heute läßt er immer mal fallen, dass es ein Folgealbum zu OLIAS OF SUNHILLOW geben könnte.
Zum Inhalt des Konzeptalbums schreibt Wikipedia: ” Auf dem Planeten Sunhillow leben vier Stämme – Nagrunium, Asatranius, Oractaniom und Nordranious, von denen jeder einen anderen Aspekt des Musikbewusstseins darstellt, der nach einem katastrophalen Ausbruch seines Vulkans bedroht ist. Olias, ein Zauberer, ist der auserwählte Architekt einer Arche namens Moorglade Mover, um Sunhillows Leute auf einen neuen Planeten zu fliegen. Er wird von den Magierkollegen Ranyart, dem Harfen spielenden Navigator des Segelflugzeugs, und Qoquaq (ausgesprochen “ko- quake”), dem mystischen und ernannten Sprecher, unterstützt, der die vier Stämme vereint, um gemeinsam den Planeten zu verlassen. Olias gestaltet den Moorglade Mover, indem er Sunhillows Bäume und Fische dazu überredet, ihr Leben und ihre Substanz zu opfern, um ihn zu formen, während Qoquaq mit Trance-Gesang über Sunhillow reist, um die gegenseitig verdächtigen Stämme zusammenzubringen, um das Schiff zu vereinen und an Bord zu gehen. Mit der Bevölkerung an Bord und in kollektiver Trance verlässt das Schiff Sunhillow, kurz bevor der Planet in Millionen stiller Tränen explodiert. Während das Schiff durch den Weltraum reist, erliegen die Flüchtlinge dem mysteriösen Moon Ra, einer Kraft der Orientierungslosigkeit. Olias erschafft aus ihrer Panik und Frustration eine böse Form und wird von Olias durch das Singen von Akkorden der Liebe und des Lebens beruhigt und wieder vereint. Der Moorglade Mover landet auf den Ebenen eines neuen Planeten namens Asguard, und die Stämme gehen von Bord und gehen getrennte Wege. Nach Abschluss ihrer Mission besteigen Olias, Ranyart und Qoquag den höchsten Berg von Asguard, um zu schlafen und Eins mit dem Universum zu werden.” Wenn JON ANDERSON in “Chords” singt “the Moorglade will sail to the earth” kann man in das gesamte Werk sogar seine Version der Schöpfung hinein interpretieren. Denn den hier zitierten Planeten “Asguard” sucht man in den Lyrics vergebens.
Nach einigen Neu-Editionen über die Jahre erscheint 45 Jahre nach Erstveröffentlichung im April 2021 endlich eine Ausgabe, die neben einer neuen CD-Version auch eine 5.1. Surround-DVD mit Video-Animation über die gesamte Musik enthält, sie stark am großartigen Original-Artwork des Albums orientiert ist. Leider sind die Originalen Spurbänder nicht mehr auffindbar gewesen, so dass der Surround-Klang von den Stereo-Aufnahmen her simuliert wurden ist. Deshalb der Qualitätssprung durch den Raumklang auch nicht so intensiv wie gewünscht, dieser verfehlt aber gerade an den schönsten Stellen des Albums seine Wirkung nicht. Sehr gut gefällt mir die Animation der DVD, die das Original Artwork des Albums verwendet.
Jon Anderson – Konzept, Text, Komposition, Arrangenment und alle Instrumente (Gesang, Gitarre, Harfe, Sitar , K eyboards , Perkussion, Bass, Holzflöte, Mandolinen)
Tracklist:
1. Ocean Song
2. Meeting (Garden of Geda/Sound Out the Galleon)
3. Dance of Ranyart/Olias (To Built the Moorglade)
4. Qoqaq En Transic/Naon/Transic Tö
5. Flight of the Moorglade
6. Solid Space
7. Moon Ra/Chords/Song of Search
8. To the Runner