Review: Argos – The Other Life (VÖ:20.08.2021)

Interessierte des heutigen Progressive Rock beobachten die deutsch-rumänische Unternehmung ARGOS bereits seit längerer Zeit. Nach der Gründung der Band 2005 und dem ersten Album 2009 wird dieser Tage bereits der sechste Longplayer vorgelegt. Auch bei ARGOS haben die letzten Monate Spuren hinterlassen. Nicht nur im kreativen Prozess: so findet auf diesem Album mit Akos Bogati-Bokor (Gitarre, Keyboards) ein neues Gesicht. Er ersetzt gleich zwei Mitglieder, die die Band verlassen haben. Akos hat größeren Einfluss im Rahmen der Entstehung des Albums nehmen können und hat das Werk auch produziert und gemischt. Da der kreative Kopf Thomas Klarmann und der Sänger Robert Gozon aber weiter dabei ist, bleibt der Wiedererkennungswert von ARGOS erhalten.

Tracklist:

1. Chamelion Sky

2. Broken Mirror

3. The Twilight Mind

4. Johnny Head-in-Air

5. I Carry Light

6. The Trial of the Pyx

7. Weak End

8. The Shall See Hotel

9. The Library of the Future

Hält man die „The Other Life“ in den Händen, findet man auf dem Cover zunächst eine wild bewachsene grün-graue Landschaft abgebildet, in der sich eine verrostete Schöpf-Kreiselpumpe (Zitat Facebook ARGOS) befindet, die da anscheinend schon lange steht. Verbunden mit dem Albumtitel „Das andere Leben“ ist die Neugier des ungeübten ARGOS Konsumenten geweckt, was sich denn für Musik auf dem Tonträger befinden möge.

Taucht man in die Musik ein, hat man den Wunsch, sich auf eine grüne Wiese zu legen, entspannt die vorbeiziehenden Wolken zu betrachten und von Woodstock Zeiten zu träumen. Alles klingt weich und angenehm, ja beinahe introvertiert. Die warme Stimme von Robert Gozon unterstützt diese Atmosphäre enorm. Diese Grundstimmung zieht sich durch das gesamte Album, ja sie wird im mehreren Songs wie „Chamelion Sky“ oder „Johnny Head-in-Air“ sogar im Text beschrieben.

Das Album jetzt plätschern zu lassen und danach beiseite zu legen wäre ungerecht, denn es steckt hier weit mehr drin als nur weicher Retro Prog. Dafür muss man aber bereit sein, in das Album einzutauchen. Es ist festzustellen, dass bei oft klar erkennbarer Songstruktur der eher kurzen Songs (Länge zwischen drei und acht Minuten) so manches Mal klassische Refrains fehlen und dann durch diverse überraschende proggige Momente ersetzt sind. Diese führen aber üblicherweise schnell wieder zum Kern des Songs zurück. Das kann mal ein zappaesker Moment, ein Gitarren-, Keyboard- oder Saxofonsolo (Gast: Marek Arnold in zwei Songs) oder eine Satzgesang-Einlage (besonders in „Weak End“) sein. In „I Carry Light“ sind sogar sinfonische Ansätze a la YES erkennbar. Auch wenn Stücke wie „The Twilight Mind“, „The Trial of the Pyx“ oder „The Shall See Hotel“ einen aus seinem Tagtraum wecken möchten und von Wut oder Kampf gesungen wird: die angenehm weiche Retro-Grundstimmung bleibt aber auch hier erhalten. Als angenehm empfinde ich, dass alle Stücke klar zu Ende gebracht werden, ja teilweise abrupt enden. Genau da wo sie auch enden müssen.

Die schöne Traumwelt endet aber vielfach schnell, wenn man die Texte mit verfolgt. Es erschreckt schon, wenn man in „Broken Mirror“ feststellt, dass hier der Suizid eines vertrauten Menschen verarbeitet wird, und dass bei genauem Betrachten dieses Thema auch in erstmal nett scheinenden Texten in anderen Songs mit behandelt worden zu sein scheint. In „Johnny Head-in-Air“ verunfallt ein Hans Guckindieluft mal plötzlich im Wasser, und die beobachtenden Fische erschrecken. Ergebnis offen.

Alles in allem haben wir hier ein interessantes und eher stilles Werk des Prog Rock vorliegen. Man kann es im Garten gefahrlos seinen Schmetterlingen vorspielen, oder man läßt sich auf die leisen musikalischen Schmankerl und die eher melancholisch-traurig-nachdenklichen Texte von „The Other Life“ ein. Oder beides.

Interessenten sei noch die optisch wunderschöne hellblau-grau mellierte Vinyl-Version empfohlen, die als 100er Auflage erscheint. Alternativ gibt es CD oder schwarze Vinyl-Edition oder natürlich die heute übliche digitale Download Version. Erhältlich ist das Ganze z.B. bei Bandcamp oder Justforkicks.

Wertung: 8/10 Punkte

ARGOS:

Thomas Klarmann (voc, keyb, bass, fl)

Robert Gozon (voc, keyb)

Akos Bogati-Bokor (git, bass, keyb, back-voc)

Ulf Jakobs (dr, perc, back-voc)

Gäste:

Stephanie Semeniuc (back-voc)

Marek Arnold (sax)

Thilo Brauss (keyb)

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