Die letzte Station der „An Hour Before It´s Dark – Tour“ 2022 führte Marillion in die ausverkaufte Turbinenhalle nach Oberhausen. Es war nach Stuttgart, Berlin, Bremen und Frankfurt das fünfte Konzert der Tour in Deutschland. Welche Fanbasis die Briten sich die letzten Jahre erspielt haben, merkt man schnell, viele der hier anwesenden waren bei allen deutschen Terminen dabei.
Den Abend eröffneten „June Road“, ein Indie-Folk-Duo, bestehend aus dem britischen Folk-Künstler Harry Pane und der belgischen Geigerin Maia Frankowski. Die beiden lernten sich durch eine glückliche Fügung des Schicksals während einer Europatournee von Marillion auf der Bühne kennen und leben nun in Brüssel, wo sowohl ihr Songwriting als auch ihre Beziehung aufblühen. Neben eigenen Stücken präsentierten die beiden auch ein richtig gutes Fleetwood Mac Cover, mit „Big Love“, welches für ersten stärkeren Applaus sorgte.
Marillion begannen pünktlich und präsentierten das aktuelle Album „An Hour Before It´s Dark“ am Stück, wenn man das kurze instrumentale „Only A Kiss“ mal außen vor lässt. Für die Tour wurde die Band mal auf sechs Musiker erweitert, zwischen Schlagzeug und Keyboards, war eine grosse Anzahl an Percussions aufgebaut, an der dann Luis Jardim Platz nahm, um die Band zu unterstützen. Sichtlich gut gelaunt agierte Steve Hogarth auf der Bühne, moderierte jeden Song an, erklärte wie die Stücke entstanden sind. Schon das erste Stück „Be Hard On Yourself“ beginnt mit neun Minuten intensiver, aber schneller Musik. Prägnant die Stimme Steve Hogarths, der unverwechselbare Gesang im Zentrum dieses beeindruckenden Stücks eröffnet den Abend schon mal grandios.
„Reprogram The Gene“ ist ein kraftvoller Song, bei der die harte, kantige Gitarre und das Schlagzeugspiel den Song vorantreiben, unterstützt von einer scharfen, passenden Basslinie und Keyboards. Steve Rothery hat hier viel Freiraum für sein Gitarrenspiel und Ian Mosley liefert hinter dem Schlagzeug eine absolut großartige Leistung ab. „Murder Machines“, ein Song, der in den schwierigen Zeiten von Abriegelung und sozialer Distanzierung erzählt. Steve Hogarth hier wieder mit toller Stimme, besonders beim Refrain des Stückes, und Rotherys Gitarre klingt einfach perfekt. Als nächstes folgte mit „The Crow and the Nightingale“ ein Song der einfach wunderschön fließt und eine nachdenkliche Stimmung erzeugt. Es ist ja durchaus bekannt das Steve Hogarth den Sänger Leonhard Cohen sehr verehrt, und so ist dieser Song auch eine Hommage an ihn.
Als dann der vorletzte Albumtrack „Sierra Leone“ verklungen war, kommt mit „Care“ einer der Höhepunkte der Show. Für mich ein Meisterwerk schlechthin, leider gab es ein paar Probleme mit dem Bass, so das der Song abgebrochen wurde, Pete´s Gesichtsausdruck veränderte sich schon bedrohlich, aber Steve Hogarth fing ihn diesmal gekonnt ein, nahm ihn beim Kopf und so war die Situation erst mal gerettet. Ich habe Pete Trewavas dieses Jahr schon anders erlebt. Nach kurzer Zeit wurde das Stück noch einmal neu gestartet und von der erste bis zur letzten Minute verspürte man was ganz besonderes. Steve Hogarth war nach dem Stück sichtlich gerührt und kämpfte mit den Tränen …
Ohne Pause ging es mit ausgewählten Stücken weiter, als erstes „Quartz“ gefolgt von einem Stück des Brave Albums, nämlich „Mad“. Danach mit „Afraid of Sunlight“ wieder so ein Marillion Klassiker, der für Gänsehaut sorgte. „Man of a Thousand Faces“ beendete den Abend fürs erste. Im folgenden Zugabeblock war mit „When I Meet God“ auch ein Favorit von mir am Start, hatte ich das Stück Live schon länger nicht gehört. Und über „Easter“ und „The Great Escape“ muss man nun schon gar nichts mehr schreiben. Die Stücke sprechen für sich.
Die Band verschwand für kurze Zeit, kam aber dann noch einmal wieder, um mit „Sugar Mice“ und dem abschliessenden „Garden Party“ noch zwei Stücke aus der Fish-Ära zu spielen. Große bunte Luftballons flogen über die Brüstung und es war Party Pur! Nach über drei Stunden Spieldauer, war dann die „An Hour Before It´s Dark-Tour“ Geschichte. Auffällig ist das viele Bands aktuell von den Videoproduktionen ein wenig abrücken, dafür aber ausgeklügelte, schöne Lichtkonzepte entwickelt haben. Und hier kann man sagen das Marillion auch ganz weit vorn dabei ist. Ein insgesamt sehr schöner Abend in Oberhausen der schon wieder Appetit auf zukünftiges macht.
Setlist:
Be Hard On Yourself
Reprogam The Gene
Murder Machines
The Crow And The Nightingale
Sierra Leone
Care
Quartz
Mad
Afraid Of Sunlight
Man Of A Thousand Faces
1. Zugabe:
When I Meet Good
The Great Escape
Easter
2. Zugabe:
Sugar Mice
Garden Party
Alle Fotos: (C) Stefan Schulz