Wie alle Jahre wieder, zog es auch in diesem Jahr, einige Tausend Fans auf den ehrwürdigen Felsen, hoch oben über dem Rhein. Auch wieder über drei Tage und das angekündigte Lineup versprach große Abwechslung. Am frühen Freitag Nachmittag ging es dann los, und gleich die erste positive Überraschung erwartet die Besucher. Der Einlass auf das Gelände erfolgte zügig und unkompliziert wie nie zuvor. Ein großes Kompliment an das Team der Security, die Kontrollen erfolgten Stichprobenartig, und mit einem „Viel Spaß“ ging es dann auf das Gelände. Viele der Fans haben seit Jahren ihre festen Plätze und die wurden dann auch zügig gesichert. Ein wenig Zeit bis zum Festival Opener war ja noch, also erst einmal die Lage checken, Bierpreise, Catering und so weiter. Über die Preisentwicklung will ich mich da nicht weiter auslassen, eine erschreckende Entwicklung die man allerorten vernimmt. Ja, beim Bier sind wir mittlerweile bei 6 Euro gelandet, und auch die Bratnudeln für 9 Euro sind kein Schnäppchen mehr. Vorteil für die Konsumenten, man muss nicht mehr so lange anstehen. Es gab auch wieder viele Stände, an denen sich der Fan mit Merchandise, Tonträgern und allerlei anderen Dingen versorgen konnte. So langsam konnte es losgehen und Time Shift Accident hatte die Ehre das 16. Night of the Prog – Festival zu eröffnen.
Time Shift Accident
Hervorragende Instrumental-Formationen gibt es bereits in beachtlicher Anzahl, jedoch bei den Vertretern der progressiv -instrumentalen Variante sieht es dann doch etwas anders aus. So bedienen die meisten bekannten Band´s dann doch eher eine feste eingeschlagene Richtung, bei Time Shift Accident sehen die Einflüsse dann doch etwas anders aus, so das ein sehr vielschichtiger, abwechslungsreicher Opener das Festival startete.
Der Name Michael Schetter dürfte den meisten Musikfreunden ein Begriff sein, organisierte er doch das „New Generation“ Prog-Festival in Nürnberg, spielt noch bei Relocator und einige haben ihn auch als Bassist bei Seven Steps To The Green Door erlebt. Die anderen drei Bandmitglieder sind auch alle Meister ihres Faches, Gitarrist Dave Mola, vielen auch als Gitarrist bei Effloresce bekannt, sowie Keyboarder Gerald Peter aus Wien (u.a. Gerald Peter Project, Circle Of Illusion) und Frank Tinge am Schlagzeug. Kern des Set´s war das Ende 2019 erschienene Album „Chronosthesia“
Los ging es mit “Cold Case” jedenfalls schon einmal sehr verheißungsvoll. Kurzes Intro mit dem Piano, aber spätestens wenn die gesamte Band loslegt und sich das herrliche Wechselspiel zwischen Keyboards und Gitarre entfaltet, wird das erste Stück zu einer großartigen Nummer, die sich sehr schnell einbrennt, auch ohne Gesang bleibt hier vieles hängen. Noch eingängiger wird es sogar beim folgenden “Boonar Eclipse”, hier zeigt Dave Mola am Sechssaiter sein Können, indem er einige Licks aus dem Ärmel zaubert, die stark an andere Größen an diesem Instrument erinnern.
Zweifelsohne das Highlight war “Damascus Dance” mit orientalischen Einflüssen gespickt, fetten Heavy-Gitarren, ein absolutes Musterbeispiel, wie man viele Einflüsse in ein knapp 12 minütiges Stück packen kann, damit selbst der anspruchsvollste Freund der progressiven Musik sich gut unterhalten fühlt. So kann ein Festival schon mal starten.
Setlist Time Shift Accident
Cold Case
Boonar Eclipse
Ignalina Forest
Damascus Dance
Borsuki
Relocator (Relocator Cover)
The Hand of God
Lineup Time Shift Accidence
Michael Schetter (Bass)
Dave Mola (Gitarre)
Gerald Peter (Keyboard)
Frank Tinge (Schlagzeug)
Abel Ganz
Gefühlt gibt es die Band Abel Ganz aus Schottland schon ewig. Die Bandhistorie reicht bis weit in die 1980er Jahre zurück. Einen Bruch gab es mit dem Wechsel des Sängers Alan Reed zur Band Pallas im Jahr 1995. Darauf hin lösten sich Abel Ganz erst einmal auf. Es vergingen ein paar Jahre, und 2001 war die Band wieder zurück. Stetige Musikerwechsel sorgten auch für unterschiedlichste Alben, die kaum an die Anfangsjahre erinnerten. Das letzte Album ist nun von 2020 und heißt „The Life Of The Honey Bee And Other Moments Of Clarity“.
Abel Ganz warteten mit einem Song vom 2008er Album „Shooting Albatross“ sowie, jeweils mit zwei Titeln, von den Alben „Abel Ganz“ und „The Life Of The Honeybee And Other Moments Of Clarity“ in ihrem Set auf.
Nach „Close Your Eyes“ vom 2013er Album „Abel Ganz“ folgte der Longtrack „Unconditional“ vom gleichen Album, der mich dann schon mehr überzeugte. Besonders die zahlreichen Soli sorgten hier für Begeisterung im Rund. Nach den beiden ersten Stücken folgten dann endlich Klänge vom aktuellen Album, zum einen der Titeltrack und im Anschluss daran das fast fünfzehnminütige „Sepia And White“. Für mich das Highlight im Set von Abel Ganz. Das vom Debütalbum stammende „Ventura“ beschloss dann ihr Set welches von den Neoprog-Fans wohlwollend aufgenommen wurde.
Setlist Abel Ganz
Close Your Eyes
Unconditional
The Life Of The Honey Bee
Sepia And White
Ventura
Lineup Abel Ganz
Mick Mcfarlane (Leadgesang, Gitarren)
Dawid Zielinski (Gitarren)
Stephen Donnelly (Bass)
Alan Hearton (Keyboards)
Denis Smith (Schlagzeug, Backgroundgesang)
Agusa
Im Sommer 2023 erschien mit „Prima Materia“ das fünfte Studioalbum der schwedischen Formation Agusa. Eine kleine Besetzungsänderung hat es darauf gegeben, der langjährige Schlagzeuger Tim Wallander, immerhin war er seit ihrem zweiten Album dabei, wurde durch Nicolás Difonis ersetzt.
Stilistisch kann man die Band kurz so Beschreiben. Sie spielen eine Kombination aus Früh-70er-Prog, Psychedelic und Folklore, in deren Mittelpunkt Orgel, Gitarre und Flöte stehen. Und dazu noch das ganze komplett instrumental, schon die zweite Band am heutigen Nachmittag.
Die Band spielte drei Longtracks, beginnend mit „Lust Och Fägring (Sommarvisa) vom neuen Album „Prima Materia“. Logisch das bei nur drei Song´s die Soli ausufernd ausfielen. Agusa boten ein sehr melodisches Set mit leichtem Retro Flair, bei dem vor allem Jenny Puertas mit ihrer Querflöte, Gitarrist Mikael Ödesjö und Keyboarder Roman Andrén im Mittelpunkt standen. Kleine Geschichte am Rande, die Familie von Jenny Puertas, war aus Venezuala angereist, welche den Auftritt ihrer Tochter noch beflügelte. Es war für sie das erste Mal, dass sie überhaupt in in Europa waren.
Setlist Agusa
Lust Och Fägring (Sommarvisa)
Sagobrus
Den Förtrollade Skogen
Lineup Agusa
Mikael Ödesjö (Gitarre)
Jenny Puertas (Flöte)
Simon Ström (Bass)
Nicolás Difonis (Schlagzeug)
Roman Andrén (Keyboards)
Anneke Van Giersbergen
Nach einer kurzen Umbaupause betrat Anneke van Giersbergen die Bühne. Die Musikerin präsentierte nicht nur ihre eigenen Songs, sondern wagte sich auch an einige Coversongs, aber leider nur an sehr wenige, der angekündigten Kate Bush Covershow. Ein Grund dafür dürfte sein, das die angekündigte Begleitband nicht verfügbar war, aber das hinderte sie nicht daran, eine grandiose Performance abzuliefern.
Mit ihrer kraftvollen Stimme und ihrer charmanten Art begeisterte sie das Publikum. Mitte des Set´s kam dann noch Dave Forster (Big Big Train) auf die Bühne und unterstützte Anneke mit der akustischen Gitarre. Es gab dann noch einige Kate Bush Songs, warum sie aber mit „Wicked Game“ von Chris Isaak oder gar mit Foreigner aufwartete war mir nicht ganz klar. Hat sie doch ein eigenes großes Portfolio an Liedern, so zum Beispiel ihre Solosachen, beziehungsweise die Projekte Gentle Storm, Vuur oder auch ihre Vergangenheit bei The Gathering. Dennoch war die Stimmung endgültig auf dem Höhepunkt. Vielen hat ihre Performance sehr gut gefallen.
Setlist Anneke Van Giersbergen
Cloudbusting (Kate Bush Cover)
Lo and Behold
Agape
Circles
Valley of the Queens (Ayreon Cover)
Songbird (Fleetwood Mac Cover)
Saturnine (The Gathering)
I Saw a Car
Like a Stone (Audioslave Cover)
Hurricane
Hounds of Love (Kate Bush Cover mit Dave Foster)
Love You Like I Love You mit Dave Foster)
Wicked Game (Chris Isaak Cover mit Dave Foster)
The Man With the Child in His Eyes (Kate Bush Cover mit Dave Foster)
Babooshka (Kate Bush Cover mit Dave Foster)
I Want to Know What Love Is (Foreigner Cover mit Dave Foster)
Running Up That Hill (Kate Bush Cover mit Dave Foster)
Lineup Anneke Van Giersbergen
Anneke van Giersbergen (Gesang, Gitarre)
Dave Foster (Gitarre)
Cyan
Auf diesen Act freute ich mich schon sehr lange und als die Bestätigung für das Festival hereinflatterte, war die Freude, aber auch die Erwartung, Riesengroß. Mit dem Album „For King And Country“ aus dem Jahre 2021 verzückten sie viele Fans, und nun gab es die Gelegenheit das ganze einmal Live erleben zu dürfen. Kurz etwas zur Vorgeschichte, das Album ist ja eigentlich schon fast vierzig Jahre alt, und Robert Reed hatte ein paar verstaubte Tapes gefunden, als er mit seiner Schul-Band Cyan erste progressiv-rockige Gehversuche unternahm, die doch tatsächlich viel Spannendes zu bieten hatten. Zumindest so viel Spannendes, dass man es nicht im Keller oder Dachgeschoss verrotten lassen sollte. So stellte er mit sehr namhaften, ebenso begnadeten Musikern aus dem Prog-Umfeld eine Band zusammen und spielte dieses Cyan Album komplett neu ein und verpasste ihm noch dazu einen beeindruckenden frischen Sound.
Als die Band mit „Snowbound“ ihren Auftritt begannen, war sofort eine Magie zu spüren, und das setzte sich mit jedem Track noch fort. Die einsetzende Dämmerung und die Lichtshow setzen dann nochmal paar Prozent oben drauf, Vorteil des Co-Headliners und natürlich auch des letzten Acts.
Gespielt wurden alle Stücke vom genannten Album und das ganze sehr routiniert mit vielen kleinen lustigen Einlagen von Pete Jones. Supertyp, der auch mal über sich selbst lachen kann, als dann bei „I Defy The Sun“, der Gitarrenverstärker kaputt ging, wurde kurzerhand improvisiert und Pete spielte „Ripples“ als kleine Soloeinlage. Dafür verließen seine Kollegen dann auch nach und nach die Bühne, um diese ihm alleine zu überlassen. Ein magischer Moment mit Gänsehaut! Wer Pete schon mal Solo gesehen hat, weiß das er so etwas immer mal macht, aber hier in dem Zusammenhang war es nur wunderschön. Leider konnte Luke Machine dadurch sein wohl stärkstes Solo auf dem Album nicht spielen, aber es gab noch einige Stücke wo er glänzen konnte.
Kurz vor Schluss kamen mit „Sorceror“ und „For King And Country“ noch zwei weitere Highlights des Albums, aber da hatte die Band alle im Rund schon eingefangen und fasziniert. Für mich persönlich der Act des Tages, auch wenn Nick Mason noch folgen sollte!
Setlist Cyan
Snowbound
Don’t Turn Away
Pictures From The Other Side
Call Me
Man Amongst Men
I Defy The Sun
Ripples (Genesis)
Broken Man
The Sorcerer
For King And Country
Lineup Cyan
Robert Reed (Gitarren, Keyboards)
Dan Nelson (Bass)
Peter Jones (Gesang, Gitarre, Saxophon)
Luke Machin (Gitarren)
„Jiffy” Griffith (Schlagzeug)
Nick Mason´s A Saucerful Of Secret
Zeit für den ersten Headliner der 16. Night of the Prog. Der ehemalige Pink Floyd Schlagzeuger Nick Mason mit seiner Formation „A Saucerful Of Secrets“. Er gastierte mit seiner Band nach 2019 in diesem Jahr zum zweiten Mal auf dem Felsen hoch über der Loreley.
Die Band formierte sich 2018, um die frühen Stücke von Pink Floyd live aufzuführen. Schon beim ersten Auftritt sorgten sie für Furore und Begeisterung der Fans. Die alten Stücke werden von Nick und seinen Mannen live zu neuem Leben erweckt und lassen manchen älteren Fan in den „guten“ Zeiten schwelgen und jüngere sieht man mit erstaunten Blicken.
Dieses mal traten sie im Rahmen ihrer „The Echoes Tour“ auf, dessen Programm aus Stücken bis zum 1972 erschienenen Album „Obscured By Clouds“ reichten. Und noch ein Fakt machte das ganze so besonders, es war Ihr einziger Auftritt in 2023, der auf deutschem Boden stattfand.
Die Band um Nick Mason präsentierte eine grandiose Show, bei der einem von Beginn der fette Sound regelrecht umhaute. Schon gleich die ersten Klänge vom Opener „One Of These Days“ sorgte für Gänsehaut und zeigte die Band in bester Spiellaune. Hier macht natürlich auch die Lichtshow noch ein paar Prozentpunkte mehr aus. Den auch optisch boten die Filme und Videosequenzen einiges fürs Auge. Danach folgte mit „Arnold Lane“ ein früherer Single Hit.
Immer wieder schön zu sehen, wie Nick Mason, die Auftritte genießt, sein Schlagzeug dabei völlig entspannt bedient und die „jungen Wilden“ beobachtet und ihnen die Show überlässt. Ich glaube das war in diesem Jahr noch einmal eine Steigerung und beendet den ersten Festivaltag mit einem grandiosen Konzert.
Setlist Nick Mason´s A Saucerful Of Secrets
One of These Days
Arnold Layne
Fearless
Obscured by Clouds
When You’re In
Vegetable Man
If
Atom Heart Mother
Remember a Day
Set the Controls for the Heart of the Sun
Astronomy Domine
Childhood’s End
Lucifer Sam
Echoes
Zugaben
See Emily Play
A Saucerful of Secrets
Bike
I’m a King Bee
Lineup Nick Mason
Nick Mason (Schlagzeug)
Gary Kemp (Gitarre, Gesang)
Guy Pratt (Bass, Gesang)
Lee Harris (Gitarre, Backgroundgesang)
Dom Beken (Keyboards, Backgroundgesang)