Den zweiten Festivaltag durften dann Aëdon aus Mülheim eröffnen, das der Wettergott Progfan ist, wissen wir ja, nach den trockenen, heißen Ausgaben der letzten Jahre, doch heute sollten mal wieder die Schleusen geöffnet werden und viele stellten sich in Form von regenfester Kleidung darauf ein. Es konnte also losgehen.
Aëdon
Die Band wurde 2015 gegründet, ein Jahr später ist ihre EP „Leaves Turning Red“ erschienen. Nur zwei Jahre nach ihrem Bühnendebüt führte sie ihre emotional mitreißende Show 2017 für drei Gigs nach Wuhan in China. Als Act des EURO ROCK Projekts von Peter Bursch spielten Aëdon mehrere Konzerte in Frankreich und Holland. Der Bandname Aëdon bedeutet „Nachtigall“ und geht auf die tragische Geschichte der Göttin Aedon aus der griechischen Mythologie zurück.
Durch einen Zufall lernten sie Bertram Engel kennen, seines Zeichens Schlagzeuger, Komponist und Produzent. Er trommelt seit den 70er Jahren in Udo Lindenbergs Panikorchester und ist festes Mitglied der Peter Maffay Band. Dort hat er wiederum Gitarrist Peter Keller kennen gelernt, der ebenfalls zum festen Maffay Ensemble gehört. Gepackt vom 2021 entstandenen “Gentle Rain“ haben sich Bertram Engel und Peter Keller erstmals als Produzenten zusammengetan und Aëdon nach Hamburg in die Chefrock-Studios eingeladen. In wenigen Tagen wurden drei vorhandene Songs perfektioniert und aufgenommen. Eben diese EP gab es dann auch am Merchandise zu kaufen.
Irgendwo zwischen Alternative und Progressive, gelingt Aëdon die perfekte Mischung aus Energie, Leichtigkeit und Melancholie. Damit gefallen die Songs jedem, der Gitarrenmusik nicht abgeneigt ist. Überraschende Akkordwechsel, dreistimmiger Gesang und abwechslungsreiche Songs holen aber auch eingefleischte Rockfans ab. Von Lampenfieber keine Spur, präsentierten Aëdon ihre Song´s frisch und unbekümmert, als ob sie nichts anderes machen. Für viele eine Überraschung und ich meine, man wird von der talentierten Band noch einiges hören.
Setlist Aëdon
Dried Out Of Streams
Losing It
Ode To A Nightingale
Gentle Rain
Crayon Moon
Raise Your Voice
I Feel Red
Shattered
Change This World
The Least You Owe Me
Lineup Aëdon
Simon Gatzka (Leadgesang, Gitarre)
Maximilian Krüger (Gitarre, Backgroundgesang)
Stephan Nabbefeld (Schlagzeug)
Alexander Dachwitz (Bass, Backgroundgesang)
Fuchs
Die Band Fuchs war für mich im Vorfeld relativ neu, durch die Bekanntmachung als Act beim Festival wurde ich das erste mal aufmerksam, obwohl sie schon sehr lange zusammen musizieren. Im Vorfeld bekam ich über das Label Tempus Fugit das Album zum hören (Review hier im Magazin) und war sehr begeistert und freute mich nun umso mehr die Band auch mal live zu sehen.
Das Septett füllte die Bühne relativ gut aus und begann mit “The Invisible Man” einem Stück vom Album “Station Songs” aus dem Jahr 2018. Anschließend präsentierten sie “Even If The Salary’s Low” von gleichen Album. Mit “Don’t Think About” gabes dann auch noch ein Song vom Debütalbum “Leaving Home” auf die Ohren, bevor es dann an die Präsentation der neuen Stücke vom Tags zuvor erschienenen Albums “Too Much Too Many” ging.
Insgesamt waren es dann noch fünf Titel, allesamt auch meine Favoriten vom Album, beginnend mit dem schwungvollen “Dont Get Me Wrong”, über “Challenge Of Lifetime Learning” bis zu “The Middle Years”. Dann setzte der große Regen ein, schon eine Seltenheit beim Festival, aber das tat der Stimmung keinen Abbruch. Fuchs wird vielen jetzt doppelt in Erinnerung bleiben, zum einen spielten sie ein wunderschönes Konzert und zum anderen, wird man sich unterhalten: “Das waren die, wo es so geregnet hat!” Meiner Erinnerung nach, hatte das Regenprivileg Kalle Wallner mit Blind Ego, als es vor paar Jahren aus Kübeln schüttete.
Einer der Sänger von Fuchs, Baggi Buchmann, solidarisierte sich mit dem Publikum und ging immer wieder in den Regen an den Bühnenrand, doch irgendwann verzog sich das ganze und die Regenbekleidung konnte abgelegt werden. “My Life” beendete dann den wirklich überzeugenden Auftritt und Fuchs wurde vom Publikum gefeiert.
Setlist Fuchs
The Invisible Man
Even If The Salary’s Low
Don’t Think About
Don’t Get Me Wrong
Challenge Of Lifelong Learning
The Middle Years
Here In My Void
My Life
Lineup Fuchs
Hans-Jürgen Fuchs (akustische, elektrische Gitarren, Piano, Keyboards, Gesang)
Ines Fuchs (Keyboards, Gesang)
Baggi Buchmann (Leadgesang)
Michael Wasilewski (Leadgesang)
Andy Bartzik (Gitarre)
Henrik Mumm (Bass)
Florian Dittrich (Schlagzeug)
Venus Principle
Venus Principle, bestehend aus ehemaligen Mitgliedern von Crippled Black Phoenix, begeisterten das Publikum mit ihrem dunklen, melodischen Art-Rock. Die Musik von Venus Principle ist geprägt von Schmerz und Dunkelheit, aber auch von zarten Momenten der Hoffnung und Wärme. Die Band fügt ihrem klassischen Rock eigene Zutaten hinzu und schafft damit ein einzigartiges Klangerlebnis.
Das Debütalbum erschien dann 2022 mit dem Namen “Stand In Your Light” und wurde von den Fans sehr wohlwollend aufgenommen. Um so schöner, das sie hier ihren ersten Auftritt in Deutschland spielen konnten und für fast alle war es dann auch eine Livepremiere.
Gespielt wurde das Album komplett am Stück, beginnend mit dem grandiosen “Rebel Drones”. Gefallen hat mir insbesondere Daisy Chapmann, die mich auch gesanglich sehr überzeugen konnte. Daniel Änghede war eine gewisse Nervosität anzumerken, was er ja auch ansprach, das war aber schon zu CBP-Zeiten so. Ein klein wenig flachte das ganze aber gegen Ende ab, geschuldet weil das Album in großen Teilen doch sehr tragend und schleppend daherkommt.
Schade auch, das die Band eigentlich noch fünf Minuten hatte, aber dann doch von der Bühne musste. Für eine Zugabe hätte ich mir doch gerne den Bonussong vom Album, “Lake Como” gewünscht. Eine flotte Nummer, so gar nicht nach dem Konzept von Venus Principle, ich würde schon fast Sommerhit sagen, der die Menge noch einmal mobilisiert hätte. Trotzdem ein guter Auftritt.
Setlist Venus Principle
Rebel Drones
Barricades
All These Words
Days Of Summer
Lord
Shut It Down
Kindle The Fire
Drag Nets
Sanctuary
The Haunting
Stand In Your Light
Lineup Venus Principle
Daisy Chapman Gesang, Keyboards)
Daniel Änghede Gesang, Gitarre)
Mark Furnevall (Gitarre, Keyboards)
Pontus Blom (Bass)
Ben Wilsker (Schlagzeug)
Frank Carducci
Der französische Musiker Franck Carducci war bereits im Jahr 2017 mit seiner Band zu Gast beim Night Of The Prog Festival. Vor allem live ist Franck Carducci ein Könner und weiß wie man die Fans abholen kann. Deshalb war die Freude bei vielen groß, ihn beim diesjährigen Festival erneut erleben zu können. Eigentlich reicht ein Wort aus: Progzirkus!
Eines schafft Franck Carducci immer spielend, das Publikum in seinen Bann ziehen, von der ersten bis zur letzten Minute. Allein schon die Kostüme, das Make-up und das Treiben aller Beteiligter auf der Bühne. Oft weiß man gar nicht wo man zuerst hinschauen soll. Das sieht man auch an den Fotografen, bei solchen Auftritten ist das Gewusel um die schönsten Bilder besonders groß.
Beschreiben kann man das ganze nicht wirklich, irgendwo zwischen Alice Cooper und David Bowie, aber auch Genesis fallen mir da ein. Bauchtanzeinlagen, Fahnen schwenken und immer wieder wird kräftig gerockt. Diese Band muss man live erleben und ist eine Bereicherung für jedes Festival. Und Franck Carducci als Zirkusdirektor mittendrin.
Der Hauptteil des Sets stammte aus Franck’s bisherigen Alben “Oddity“, “Torn Apart“ und “The Answer“. Auflegen würde ich mir die Scheiben zu Hause sicherlich nicht, aber die Liveperformance ist einzigartig. Für einen großen Moment sorgte die Band in der Zugabe als sie, “On The Road To Nowhere” A Capella, ganz ohne Mikrofone vortrug, hierbei konnte man die berühmte Stecknadel fallen hören. Danach brannte tosender Applaus auf. Stark!
Setlist Frank Carducci
Slave to Rock ‘n’ Roll
A Brief Tale of Time
The Ecstasy of Gold (Ennio Morricone Cover)
The Betrayal of Blue
Artificial Paradises
The Angel
Torn Apart
Alice’s Eerie Dream
Zugabe
On the Road to Nowhere (A Cappella)
Lineup Frank Carducci
Franck Carducci (Gesang, Gitarre)
Mary Reynaud (Gesang, Akustikgitarre, Theremin, Percussions)
Barth Sky (Gitarre, Backgroundgesang)
Cédric Selzer (Keyboards, Backgroundgesang)
Léa Fernandez (Schlagzeug)
Wishbone Ash
Wishbone Ash können schon auf eine 54-jährige Bandgeschichte zurückblicken und ich glaube jeder hat davon schon mal gehört. Für viele sind es Rocklegenden und demzufolge werden sie auch gebührend empfangen. Sie spielen aktuell gerade eine Jubiläumstour, “50 Jahre Argus – Jubiläumsshow”. Gefeiert wird das Album womit die Band ihren Durchbruch hatte.
Als einzig verbliebenes Gründungsmitglied, war Gitarrist und Leadsänger Andy Powell, hier noch am Start. Neben ihm agierten Mark Abrahams (Gitarre), Bob Skeat (Bass) und Mike Truscott (Schlagzeug). Gespielt wurden neben den Songs vom Argus-Album aber auch andere Bandklassiker.
Die meisten mussten den Auftritt von Franck Carducci erst einmal verarbeiten und so dauerte es ein Stück bis die Stimmung richtig überschwappte. Zumal Wishbone Ash ihre Stücke ohne viel Primborium vortragen. Mit den Twin Lead Gitarren und der Performance voller Power zogen sie das Publikum in ihren Bann. Die Jungs hatten sichtlich viel Spaß auf der Bühne und machten ihre Fans glücklich. Jetzt stand noch der Headliner des zweiten Abends an …
Setlist Wishbone Ash
We Stand As One
Coat Of Arms
The King Will Come
Warrior
Throw Down The Sword
Sometime World
Blowin‘ Free
Standng In The Rain
Jail Bait
Phoenix
Lineup Wishbone Ash
Andy Powell (Gesang, Gitarren)
Mark Abrahams (Gitarren)
Bob Skeat (Bassist)
Mike Truscott (Schlagzeug)
The Musical Box
Zu guter letzt war es Zeit für The Musical Box, die kanadische Band, die die legendäre Genesis-Show “The Lamb Lies Down On Broadway” originalgetreu nachstellt. Und es war die ultimativ letzte Chance für Genesis-Fans, diese einzigartige Show noch einmal live zu erleben.
Nachdem sie bereits im Jahr 2016 mit dem “Foxtrot“ Programm auf dem Night Of The Prog Festival zu sehen waren, konnte der Veranstalter sie noch einmal für 2023 gewinnen, um ein letztes Mal “The Lamb Lies Down On Broadway“ aufzuführen.
Das Publikum wurde in die Welt von Genesis entführt und konnte sich kaum von der Bühne losreißen. Visuell war das Konzert ein Hochgenuss bei dem man mit zahlreichen Dias, Kostümen oder Effekten sowie einer guten Lightshow zusätzlich belohnt wurde. Musikalisch gehört “The Lamb Lies Down On Broadway“ sicherlich nicht zu den einfachsten Werken der Band, für viele ist es aber DAS Album überhaupt.
Schön das es hier noch einmal die Möglichkeit gab, das ganze Werk am Stück zu hören. Es war ein spektakulärer Abschluss des zweiten Festivaltages und ließ die Herzen vieler Fans höher schlagen.
Setlist The Musical Box
The Lamb Lies Down on Broadway
Fly on a Windshield
Broadway Melody of 1974
Cuckoo Cocoon
In the Cage
The Grand Parade of Lifeless Packaging
Back in N.Y.C.
Hairless Heart
Counting Out Time
The Carpet Crawlers
The Chamber of 32 Doors
Lilywhite Lilith
The Waiting Room
Anyway
Here Comes the Supernatural Anaesthetist
The Lamia
Silent Sorrow in Empty Boats
The Colony of Slippermen
Ravine
The Light Dies Down on Broadway
Riding the Scree
In the Rapids
it
The Musical Box
Zugabe
Watcher of the Skies
Lineup The Musical Box
Denis Gagné (Leadgesang, Flöte, Percussion)
Ian Benhamou (Keyboards, 12seitige Gitarre, Gesang)
Marc Laflamme (Schlagzeug, Gesang)
Sébastien Lamothe (Bass, 12seitige Gitarre, Basspedals, Gesang)
Francois Gagnon (Leadgitarre)