XVI. Night Of The Prog 2023, Sonntag 16.07.

Den dritten und letzten Festivaltag durfte dann der Ukrainer Antony Kalugin eröffnen, einer der fleißigsten Komponisten im Progressive Rock, und er kam mit großer Kapelle (sechs Musiker und Musikerinnen) auf die Loreley. Als Karfagen angekündigt, spielte er doch einen Großteil seiner Song´s von anderen Projekten die er am Start hat. Unter anderem Hoggwash und Sunchild.

Karfagen

Die Musiker sowie die Background-Sängerinnen handverlesen, Kalugins Stimme sehr angenehm ins Ohr gehend, sein brillantes Keyboard-Spiel, das zwischenzeitlich die Grenze zur Klassik nicht nur berührte, sondern auch überschritt – das war orchestraler Progressive Rock vom Allerfeinsten. Dass er es nach der Klassik-Passage schaffte, das sonst eher zurückhaltende Publikum zum Klatschen und Mitsingen zu animieren und hierzu einen weiteren Ausflug ins weite Rund unternahm, das war einmalig während dieser drei Festival-Tage.

Und so lieferte er ein Konzert ab, das Progressive Rock auf höchstem Qualitätsniveau und dennoch zum Anfassen bot und das Publikum restlos begeisterte. Eindringlich war auch das Finale, in dem die Musiker und Kalugin die ukrainische Flagge präsentierten und den Frieden in ihrem Heimatland einforderten. Nicht ganz so gut fanden einige, das am Merchandise Stand eine Box stand, in der Spenden für die ukrainische Armee gesammelt wurden, zumal ja das Projekt Warchild auch vertreten war und man dies hätte bündeln können.

Setlist Karfagen

Another Friday Night (Hoggwash)
Shall We Run (Sunchild)
Rain Drops (Sunchild)
The Reason Why (Sunchild)
Visionary Sights (Sunchild)
The Invisible Line (Sunchild)
Close to Heaven
A Day Without Rain
The Reason Why Chorus Reprise (Sunchild)

Lineup Karfagen

Anton Kalugin (Keyboards, Gesang)
Mariya Panasenko (Gesang)
Olga Rostovska (Backgroundgesang)
Anton Barsukov (Gitarre)
Kostiantyn Shepelenko (Schlagzeug)
Vladyslav Karbovskyi (Bass)

Mad Fellaz

Einen breiten Stilmix präsentiert Mad Fellaz als nächste Band. Der aus Italien angereiste Band Achter überzeugt mit einer gefälligen und spannenden Mischung aus Jazz, Prog und Funk. Unterstützt wird der Mix durch kräftiges Gebläse in Form eines Saxophons. Gegründet wurde die Band 2011 von Paolo Busatto, Gitarrist und Hauptkomponist der Band, in Bassano del Grappa, Italien.

In den über 10 Jahren seit ihrer Gründung haben sie sich einen guten Ruf in der internationalen Progressive-Rock-Szene erspielt und bislang 4 Studioalben veröffentlicht. Vor allem auf dem letzten Album „Road To Planet Circus“, erschienen im Februar 2022, markiert einen Stilwechsel der Band. Unter anderem findet man nun auch Elemente von Jazz-Rock, Fusion, Funk, aber auch afrikanische Klänge in ihren Kompositionen wieder, wobei hier das vielschichtige Instrumentarium zu tragen kommt.

Sie haben auf einigen der wichtigsten Prog/Jazz-Festivals in Italien und Europa gespielt, darunter das ArtRock Festival (Reichenbach, DE), das Ascona Jazz Festival (Ascona, CH), das Porto Antico Prog Festival (Genua, IT), das 2Days Prog + 1 Festival (Veruno, IT), oder das Progressivamente Free Fest (Rom, IT), wo sie die Bühne mit Bands wie Motorpsycho, RPWL, Procol Harum, The Watch und Lesoir teilten.

Sicherlich keine leichte Kost für einen Sonntag Nachmittag, doch für alle die konzentriert bei der Sache blieben, war es ein sehr guter Auftritt, von einigen hörte ich sogar, das Mad Fellaz ihr Festivalhighlight war.

Setlist Mad Fellaz

The Animal Spell
Babylon
Liquid Bliss
Sips Of Confidence
Tuareg’s Dance
Myth Of The Cave
Candy Store
Tennouheika No Sakura
Jokepot

Lineup Mad Fellaz

Paolo Busatto (Gitarre)
Ruggero Burigo (Gitarre)
Carlo Passuello (Bass)
Enrico Brunelli (Keyboards)
Rudy Zilio (Flöte, Saxophon, Keyboards)
Luca Brighi (Gesang)
Filippo Zonta (Percussion)
Andrea Cecchetto (Schlagzeug)

OAK

Die Norweger sind, nach 2019, zum zweiten Mal Gast beim Night Of The Prog und traten in der Formation Simen Valldal Johannessen (Gesang, Keyboards), Øystein Sootholtet (Bass, Keyboards), Sigbjørn Reiakvam (Schlagzeug, Programmierung) und Stephan Hvinden (Gitarren) auf. Mit im Gepäck hatten sie das erst im November 2022 erschienene Album „The Quiet Rebellion of Compromise“. Für viele Kritiker ein beachtenswertes Werk.

Die Band spielte Songs ihrer Alben „Lighthouse“ (2016), „False Memory Archive“ (2018) und „The Quiet Rebellion Of Compromise“ (2022) und konnte mit ihren melodischen, teils melancholischen Stücken beim Publikum punkten.

Setlist OAK

Highest Tower, Deepest Well
Dreamless Sleep
False Memory Archive
Lost Causes
Sunday 8 AM
Guest Of Honour
Munich
The Sea
Psalm 51

Lineup OAK

Simen Valldal Johannessen (Gesang, Keyboard)
Øystein Sootholtet (Bass, Keyboard)
Sigbjørn Reiakvam(Schlagzeug)
Stephan Hvinden (Gitarre)

Panzerballett feat. Virgil Donati

Panzerballett ist ein Münchener Quintett unter der Leitung von Gitarrist, Komponist und Arrangeur Jan Zehrfeld, dessen Musikstil sich am ehesten als Jazz-Metal bezeichnen lässt. Nach mehreren Jahren der Suche trommelte der studierte Gitarrist und Komponist Jan Zehrfeld im Jahr 2004 einige Musiker zusammen, mit denen er seine Vorstellung von Jazz- und Metal-inspirierter, komplexer Musik umsetzen konnte: »Ich bin ständig wütend auf etwas. 2004 gründete ich deswegen „Panzerballett“. In dieser Band komponiere ich Stücke nach dem Motto „Warum einfach, wenn es schwer geht?“. Gleichzeitig kann ich Aggressionen kanalisieren.«, so Jahn Zehrfeld selbst.

Ein wichtiges Merkmal der Musik von Panzerballett ist die Virtuosität ihrer Darbietung – die studierten und teilweise preisgekrönten Musiker beherrschen ihre Instrumente auf hohem technischen Niveau. Anders wären die hochkomplexen, polyrhythmischen Musikstrukturen der Kompositionen und Bearbeitungen Zehrfelds auch nicht umzusetzen. Hier beim Auftritt wurde die Band mit Virgil Donati an den Drums ergänzt.

Konzerte von Panzerballett sind instrumentaler Hochleistungssport, der je nach Neigung des Hörers enorm anstrengen kann oder aber die Hörer verzückt zurücklässt. So war es auch hier, viele nahmen sich eine Pause andere feierten die Band frenetisch ab. Dargeboten wurden Sachen von letzten Album „Planet Z“, Deep Purples Klassiker „Smoke On The Water“, mit „Eleven“ ein Stück von Virgil Donati und selbst Beethoven´s „Ode To Joy“ kam auf dem Felsen zu ehren.

Setlist Panzerballett feat. Virgil Donati

Smoochy Borg Funk
Typewriter II
Eleven (Virgil Donati Cover)
Ode to Joy (Beethoven)
Alien Hip-Hop (On the Virg Cover)
Smoke on the Water (Deep Purple Cover)
SOS

Lineup Panzerballett

Jan Zehrfeld (Gitarre)
Virgil Donati (Schlagzeug)
Anton Davidyants (Bass)
Josef Doblhofer (Gitarre)
Florian Fennes (Saxophon)

Esthesis

Esthesis war die erste angekündigte Band für das diesjährige Festival. Für viele noch ein unbeschriebenes Blatt, ich verfolge Aurélien Goude schon eine ganze Weile, und die Freude über diese Bestätigung war sehr groß. Das Album „The Awakening“ war ein Highlight im Jahr 2020 und auch der Nachfolger „Watching Worlds Collide“ von 2022 wusste zu gefallen. Man durfte gespannt sein wie diese talentierte Band, das ganze Live umsetzen wird.

Die Musik von Esthesis ist von vielen Einflüssen geprägt (britischer Rock, Filmmusik, Jazz, Ambient, Metal, elektronische Musik…) und basiert vor allem auf Emotionen und Stimmungen. Gegründet wurde Esthesis von Aurélien Goude (Musik, Texte, Keyboards, Gesang, Gitarren…). Das eigentliche Band Line-Up besteht aus drei weiteren Musikern: Baptiste Desmares (Leadgitarre), Marc Anguill (Bass) und Arnaud Nicolau (Schlagzeug). Hier beim Auftritt wurde die Band um Mathilde Collet sowie als Gast bei zwei Stücken der Gitarrist und Freund der Band David Delavoipière erweitert.

Im Mittelpunkt des Sets stand das aktuelle Album, von dem gleich vier Stücke gespielt wurden. Vom Album „The Awakening“ wurden mit „High Tide“ und “ No Soul To Sell“ aber immerhin auch zwei Stücke gespielt. Davon hätte ich mir paar Sachen mehr gewünscht, insbesondere „Still Far To Go“ hatte ich erwartet. So kamen noch zwei Songs von der mittlerweile vergriffenen EP „Raising Hands“ zum Vortrag. Auch einen Coversong mit „Stratus“ von Bill Cobham wurde dargeboten.

Auffällig war auch, das die Band ein Banner dabei hatte, eigentlich clever, weiß man doch das auf dem Festival relativ freizügig fotografiert werden darf, und im Nachgang, Hunderte von Bildern veröffentlicht werden. Da ist zumindest ein höherer Wiedererkennungswert sicher. Soen und Leprous setzten da noch einen oben drauf. Marketing kann manchmal so einfach sein … viele haben das aber noch nicht erkannt. Eigentlich kein Problem, mal beim Veranstalter im Vorfeld, Möglichkeiten, Maße etc. zu erfragen.

Esthesis hat viele überrascht mit ihrem Auftritt und sicherlich einige neue Fans dazu gewonnen. Ich werde die Hochtalentierte Band um Aurélien Goude auf jeden Fall weiter auf dem Schirm haben …

Setlist Esthesis

Amber
Place Your Bets
High Tide
Vertigo
Through My Lens
Stratus (Bill Cobham Cover)
Hunger (Featuring David Delavoipiere)
Raising Hands (Pt. 2) (Featuring David Delavoipiere)
No Soul To Sell

Lineup Esthesis

Aurélien Goude (Gesang, Keyboards)
Baptiste Desmares (Leadgitarre)
Marc Anguill (Bass)
Arnaud Nicolau (Schlagzeug)
Mathilde Collet (Backgroundgesang)
als Gast: David Delavoipière (Gitarren)

Soen

Vom Veranstalter Winfried Völklein ein guter Schachzug, Soen und Leprous am Sonntag hinten drauf zu setzen. Ein bisschen Risiko gehört dazu. Und es ist aufgegangen. Solch einen perfekten Festivalabschluss kann man sich nur wünschen. Als Co-Headliner kamen als nächstes Soen … Und wie!

Was für eine immer wieder sehenswerte Live-Macht Soen sind, stellten sie auch hier wieder eindrucksvoll unter Beweis. Die wunderschöne, technisch anspruchsvolle und trotzdem hoch melodische Show bot alles, was man sich von einem gelungenen Progressive Rock Auftritt wünscht.

Schon mit dem ersten Stück „Monarch“ drehten die Jungs richtig auf und nahmen die Fans mit. Selbst die eingefleischten Neo-Progger kamen in Verzückung. Grandiose Melodien, hochmelodische Refrains und eine Bühnenpräsenz die keinen ruhig sitzen ließ.

Die sehr gute Setlist präsentierte nicht nur sämtliche Schaffensphasen der Band, sondern auch ein breites Spektrum an Emotionen. Insbesondere bei den ruhigeren Nummern, die mit großer Freude aufgenommen wurden. „Lascivious“ und „Lucidity“ sorgten für emotionale Gänsehaut-Momente nicht nur beim weiblichen Publikum.

Doch auch irgendwann ist mal Ende und so wurde man ein wenig wehmütig, Als es nach dem letzten, viel umjubelten Rausschmeißer „Lotus“ vorbei war, mit dem perfekten Soen-Spektakel. Gerade diese Shows machen jetzt auf das nächste mal Appetit. Die Band tourt im Herbst noch einmal durch mehrere deutsche Städte. Wer also noch nicht genug hat …

Setlist Soen

Monarch
Deceiver
Lunacy
Martyrs
Savia
Lucidity
Modesty
Antagonist
Illusion
Jinn
Lascivious
Lotus

Lineup Soen

Joel Ekelöf (Gesang)
Martin Lopez (Schlagzeug)
Lars Åhlund (Keyboards, Gitarre)
Cody Ford (Gitarre)
Oleksii „Zlatoyar“ Kobel (Bass)

Leprous

Zeit für den letzten Act in diesem Jahr. Die Norweger von Leprous enterten die Bühne. In den letzten Jahren gab es nur eine Richtung für die Band – nach oben. Die jungen Musiker haben sich, besonders mit den Alben seit 2013, eine treue Fanschar erspielt. Ihre Musik setzt auf Stimmungen und Gitarren-Riffs, dennoch kommen technische Finessen nicht zu kurz. Über allem schwebt die Stimme von Sänger Einar Solberg. Er beherrscht so ziemlich alle Stile, die man sich vorstellen kann. Kein Wunder, ist der Mann doch hauptberuflich Musik- und Gesangslehrer.

Sie gründen sich 2001, die ersten Jahre war es für die Band nur Hobby und hat häufig wechselnde Besetzungen. Neben Solberg gehört nur Gitarrist Tor Oddmund Suhrke zur Ur-Formation. Aber seit 2017 spielen sie in unveränderter Formation.

Das sie Headliner können, bewiesen Leprous schon im letzten Jahr in Valkenburg, beim Midsummer Prog Festival. Einen ebenso fulminanten Auftritt legten sie hier auch hin. Die Setlist ähnlich wie vor einem Jahr, bei ihrer letzten Tour ließen sie die Fans entscheiden, welche Titel den gespielt werden sollen. Dadurch kamen auch wieder Songs zu live Ehren die schon länger nicht mehr gespielt wurden.

Überhaupt lässt sich feststellen, das Leprous ihre Bühnenpräsenz in den letzten Jahren sehr geändert haben, waren ihre ersten Auftritte noch statisch, so ist jetzt Action auf der Bühne angesagt. Einar Solberg führt die Truppe selbstbewusst an, jeder hat seine Freiräume, und mit Baard Kolstad haben wir einen, der aktuell besten, Drummer gesehen. Ein wirklich grandioser Abschluss eines sehr gut besetzten Festivals, welches Lust macht, im nächsten Jahr wieder dabei zu sein.

Setlist Leprous

Running Low
Illuminate
The Valley
Castaway Angels 
From the Flame
Alleviate
Out of Here
Forced Entry
Slave
Below
The Price
The Sky Is Red

Lineup Leprous

Einar Solberg (Gesang, Keyboard)
Tor Oddmund Suhrke (Gitarre)
Robin Ognedal (Gitarre)
Simen Børven (Bass)
Baard Kolstad (Schlagzeug)

Fazit:

Wir erlebten mal wieder ein abwechslungsreiches Festival, mit vielen Höhepunkten. Die drei Tage vergingen wie im Fluge, ist ja eigentlich immer ein gutes Zeichen. Besonders hat mir der Abschluss am Sonntag gefallen, den mit Esthesis, Soen und Leprous kamen mal Bands zu Einsatz die es verdient haben in so einer Location vor so einem Publikum zu spielen. Und sie haben nicht enttäuscht, sondern dürften sehr viele neue Fans dazu gewonnen haben. Wenn man noch etwas kritisch anmerken darf, dann sind es die festen Termine der sogenannten Signing Sessions, wenn die Band´s in dem kleinen Zelt sitzen und man je nach Band, ewig lange anstehen muss. Im dümmsten Fall spielt schon wieder der nächste Act und man muss sich entscheiden ob man wartet oder wieder zum Konzert geht. Ich fand die frühere Möglichkeit, als die Band´s gleich oben beim alten Eingang ihren Merch selbst verkaufen konnten besser, zumal man da die Musiker häufiger und länger angetroffen hat. Aber das ist nur mal eine kleine Randnotiz. Auf jeden Fall will der Veranstalter im September die ersten Acts für nächstes Jahr ankündigen und wir können gespannt sein wer dann alles bei der 17. Ausgabe dabei ist. Mir würde ja wieder so ein Sonntag gefallen mit Meer, PreHistoric Animals, Vola und als Headliner die Von Hertzen Brothers. Träumen darf ja erlaubt sein.

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