Während beim einstigen Primus des Retro-Prog bezüglich eines neues Albums seit längerem Funkstille herrscht, veröffentlichen Pattern Seeking Animals ihr mittlerweile viertes Album unter dem Titel “Spooky Action at a Distance”. Renald Mienert unterhielt sich mit dem Kopf der Band, John Boegehold.
Was hast du eigentlich am Anfang deiner Karriere gemacht?
Abgesehen von ganz normalen Jobs habe ich in den frühen 80ern angefangen Musik zu machen als ich nach Los Angeles gezogen bin. Ich bin nach habe mit verschiedenen Bands gespielt und versucht, einen Plattenvertrag zu kriegen – wie das so ist, wenn man jung ist. Als das nicht funktioniert hat, habe ich Musik für Filme gemacht, eher für kleinere Sachen, Indie Movies. Das habe ich viele Jahre gemacht, bis ich mich ausgebrannt gefühlt habe. Ich habe dann begonnen, Song zu schreiben, auch für andere Leute und daraus entstand dann ja die Zusammenarbeit mit Spock’s Beard. Ich habe also immer in der einen oder anderen Art mit Musik zu tun gehabt.
Wie kam es zu deiner Zusammenarbeit mit Spock’s Beard? Und auf einem Album wie “The Oblivion Particle” war dein Einfluss auf die Songs ja schon sehr groß. Warum wurdest du kein Bandmitglied?
Ich kenne Alan und Neal Morse seit sie in den frühen Neunzigern Spock’s Beard gegründet haben. Ich liebe das Debütalbum “The Light” wirklich sehr. Ich habe schon damals viel für sie gearbeitet, allerdings weniger musikalisch, sondern z.B als Grafikdesigner oder sie haben mein Studio für Overdubs genutzt. Es war aber nie ernsthaft ein Thema, dass ich der Band beitrete. Ich fühle mich mehr als Songwriter als ein Musiker.
Und als solcher bist du bei “Pattern-Seeking Animals” auch der Chef im Ring…
Ich schreibe im Prinzip fast alles. Ich habe die anderen aufgefordert, aber sie haben es einfach nicht gemacht. Ted ist auch ein guter Songwriter, aber er gehört zu den Leuten, die persönliche Erfahrungen in ihren Songs verarbeiten müssen. Und wenn es ihm gut geht, wie es gerade halt ist, dann fehlt ihm einfach die Inspiration. Es gibt diese Leute, die schreiben großartige Songs, wenn sie zum Beispiel eine furchtbare Scheidung durchmachen. Ich habe nie dazu gehört.
Wie gehst du mit der Situation um, dass ihr so oft mit Spock’s Beard verglichen werdet?
Ich kann das natürlich verstehen. Ich habe mit Spock’s Beard gearbeitet, Ted und Dave sind immer noch dabei und Jimmy war es einmal. Aber die Realität ist, wir haben in den letzten Jahren vier Alben veröffentlicht und Spock’s Beard nichts. Beim ersten Album hätte man noch sagen können, es ist eine Art Nebenprojekt oder ein Spin-Off, aber mittlerweile ist es eine eigene Band. Es gibt zwangsläufig Parallelen, aber das ist natürlich nicht meine Absicht.
Wie arbeitest du?
Ich schreibe eigentlich immer an irgendwelchen Songs. Ich arbeite von zu Hause und habe noch einen Job als Facility Manager. Wenn ich früh um 6 Uhr aufstehe, dann fahre ich mein Studio hoch. Ich habe tatsächlich sehr viel Material in unterschiedlichsten Ausprägungen, manchmal einen ganzen Song, manchmal nur eine Strophe. Es kommt doch immer vor, dass man etwas geschrieben hat, mit dem man nicht wirklich zufrieden ist, und dann kommt man später darauf zurück und nimmt das Material und verändert es hier und da, um dann schließlich einen Song zu haben, der auch veröffentlicht wird.
Welchen Anteil haben die restlichen Bandmitglieder am Songwriting?
Ich komponiere die Songs, ich schreibe die Texte, aber ich habe z.B nie irgendetwas für das Schlagzeug komponiert. Ich lege lediglich einen Basic Groove unter die Songs und gebe es dann Jimmie und sage, jetzt mach was draus und mit Bass und Gitarre ist es ähnlich.
Ihr seid sehr produktiv, seit 2019 habt ihr trotz Corona vier Studioalben veröffentlicht.
Es war schon die Idee, jedes Jahr ein Album auf den Markt zu bringen. Was die Pandemie angeht so hat sie nichts verzögert in Sachen Songwriting, sondern es waren eher logistische Probleme, weil es einfach länger gedauert hat z.B die Vinyl Versionen zu produzieren.
Was wirklich ungewöhnlich ist – Du bist der Kopf der Band, bist aber bei den Live-Auftritten nicht mit dabei.
Ich habe nie gerne live gespielt, ich glaube das letzte Mal, dass ich einen Song live gespielt habe, war vor 30 Jahren. Ich weiß, dass viele Musiker dafür leben, auf der Bühne zu stehen. Ich bin eher introvertiert, ich liebe die Arbeit im Studio. Ich weiß, das hört sich komisch an, aber ich bin vermutlich bei einigen Songs nicht in der Lage, die Sachen, die ich geschrieben habe, vernünftig zu spielen. Die anderen Bandmitglieder sind als Musiker auf einem viel höheren Level als ich.
Was hat es eigentlich mit dem Albumtitel auf sich?
Ich interessiere mich für Quantenphysik und Quantenmechanik. Ich habe einiges dazu gelesen und Videos angeschaut. Der Albumtitel ist ein Zitat von Albert Einstein. Ich fand, das wäre einfach ein wunderschöner Titel für ein Album.
“Bulletproof” gab es doch auf dem letzten Spock’s Beard Album “Noise Floor”.
Ja, er war dort ein Bonustrack, aber ich war nicht zufrieden mit der Version. Für mich ist es einer der besten Songs, die ich je geschrieben habe, und ich wollte nicht, dass er so endet.
Viele Künstler haben Probleme mit den großen Streamingdiensten, wie siehst du das?
Ich sehe das nicht als eine Frage von gut oder schlecht. Es ist einfach eine Sache, wie sich die Musikindustrie entwickelt hat. Natürlich kann man sich darüber aufregen, dass man als Künstler durch die Streaming-Dienste so wenig verdient. Auf der anderen Seite ist es aber eine Möglichkeit, dass die Menschen auf der ganzen Welt relativ einfach Zugang zu der Musik haben. Verglichen mit der Vergangenheit, wo man im Prinzip nur einige Radiosender gehört hat, ist es heute deutlich besser. Ich habe z.B über die Streaming-Dienste so viele gute Musik erkannt und entdeckt das wäre mir vorher so nie möglich gewesen wäre. Natürlich kenne ich Leute, die sich heute über dieses Streaming beschweren, aber das ist eine Schlacht, die lange geschlagen ist. Entweder man nutzt diese Dienste oder man bleibt zurück
Wirst du jemals wieder einen Song für Spock’s Beard schreiben?
Nein, es hat überhaupt nichts mit persönlichen Dingen zu tun. Es liegt einfach daran, dass ich voll auf Pattern-Seeking Animals fokussiert bin. Wenn ich eine eigene Band habe, und ich schreibe einen Song, der wirklich gut ist, dann nehme ich ihn natürlich für die eigene Band. Auf der anderen Seite, wenn ich einen Song schreibe, der schlecht ist – dann gebe ich ihn auch nicht weiter.
Klingt irgendwie logisch, danke für das Gespräch.