Review: VLYES – Why (2024)

Kay Soehl trennte sich 2007 von Sylvan. Die Band, die er noch als Abiturient mitgegründet hatte. Danach war es lange recht ruhig um ihn. Genauer gesagt: 14 Jahre. Bis Ende 2019 spielte die Musik – wenn überhaupt – nur eine sehr untergeordnete Rolle in seinem Leben. Nach dem Weggang von Sylvan versuchte er lange Zeit ein „normales“ Leben zu führen – nur, um festzustellen, dass ihm immer etwas fehlte – die Musik. Wie vielleicht jeder von uns durchschritt Kay in dieser Zeit auch einige tiefe Täler. An einem besonders schweren Tiefpunkt packte er zum ersten Mal seit vielen Jahren seine alte Gitarre aus und begann zu spielen. Ein neues Feuer entfachte sich: Die Idee zu einem Konzeptalbum wuchs. Welch ein Glück für alle Fans von melodischem Artrock!

Tracklist:

1. The Arrival
2. I Can’t Get Out
3. I Need A Wise Friend
4. Once In A While
5. The Petition
6. Calm Down
7.1 The Abandon
7.2 Knowledge
8. The End
9. Why
10. The Dubiousness

Im Frühjahr 2021 trat er mit dieser Idee für sein sehr persönliches Album auf Jens Lueck, einigen bekannt durch sein Projekt „Single Celled Organism“, zu. Er nahm die Idee mit großem Interesse auf. Jens betreibt in der Nähe von Hamburg ein Studio und ein halbes Jahr später nahm das Album in Jens‘ Studio erste Formen an und entstand in intensiver Zusammenarbeit über einen Zeitraum von 18 Monaten. Kay und Jens ergänzten sich sowohl kompositorisch als auch beim Arrangieren auf extreme Weise, so dass der Entstehungsprozess wie eine gemeinsame Reise war. Im Studio wurden zuerst die Instrumentals aufgenommen mit Kay an akustischen und elektrischen Gitarren, sowie am Bass, Jens an Drums und Keyboards. Mit Volker Oster fand sich ein extrem ausdrucksstarker Sänger, der das Album durch seine Vielseitigkeit bereicherte.

Studio Lineup: Jens Lueck | Volker Oster | Kay Soehl

Parallel dazu hatte Kay begonnen, in einer damals noch namenlosen Band im Kreis Segeberg zu spielen, die er für die Live-Umsetzung gewinnen konnte. So fand sich mit Jörg Linke (Bass) die weitere Besetzung, zu der später auch der zweite Gitarrist Jockel Lüdeke stieß. Aus dieser Formation heraus entstand die Band „Vlyes“. Es gibt also ein Studio-Lineup, als auch eine Formation, die das ganze auch auf die Bühne bringen kann … und hoffentlich auch wird! Jens Lueck steht als Livedrummer leider nicht zur Verfügung, es bleibt spannend ob sich da was in die richtige Richtung bewegt …

Liveband: Volker Oster | Kay Soehl | Jockel Lüdecke | Jörg Linke

„WHY“ – VÖ. 05.04.2024 (PPR Records)

Das Album beginnt mit einem instrumentalen Opener, „The Arrival“ lädt mit zarter Akustikgitarre und ersten sanften elektrischen Gitarrenklängen von Kay Soehl zum eintauchen ein. Doch schon bei „I Can´t Get Out“ nimmt das ganze Fahrt auf und das erste mal vernimmt man die Stimme von Volker Oster. Ein Glücksfall für das Album, transportiert er doch mit seiner sehr vielseitigen Stimme, die verschiedenen Gefühlslagen im Album perfekt. Mich erinnert er ein wenig an Jan Mecklenburg von Dawnation, der auch so ausdrucksstark daherkommt. Für mich schon mal eine Entdeckung auf dem Album. Der nächste Track „I Need A Wise“ schlägt wieder in eine ruhigere Kerbe, schon vorab veröffentlicht, hier aber im Gesamtkontext des Albums, noch einmal ganz anders klingend. Erste hervorragende Gitarren und Keyboardsoli inklusive.

Überhaupt fällt mir insbesondere bei den schnelleren Track´s das Schlagzeugspiel von Jens Lueck auf, vergleicht man das mit den letzten beiden Single Celled Organism Alben, ist schon eine deutliche Handschrift erkennbar. „Once In A While“ ist auch wieder ein Paradebeispiel für richtig gut gemachten Artrock, in knapp 5 Minuten, ist hier alles reingepackt was Spaß macht, schöne Tempowechsel und ein fulminantes Gitarrensolo. „The Petition“ kommt ein bisschen vertrackter daher, zumindest im Anfangsteil, bevor es mit schönen Pianoklängen wieder ruhiger fließt, um zum Schluss wieder langsam aufbauend in schönen instrumentalen Abschnitten gipfelt. Phasenweise werde ich hier am ehesten an Sylvan erinnert.

Bei „Calm Down“ drängt sich auch wieder ein Vergleich auf, ein bisschen Pink Floyd, ein wenig RPWL, egal, ein sehr atmosphärischer Song, der ein wenig zum Tagträumen einlädt, tolles Solo von Kay, aber das war ja auch zu erwarten, wenn ein Gitarrist ein Album veröffentlicht. Die Gitarre ist schon sehr prägnant, aber man hat nie den Eindruck als ob es hier um ein Album geht, wo sich ein einzelner Musiker austobt und in Szene setzen will. In „The Abandon“ hört man die Stimme Isgaard´s und Volker Oster singt monoton, eindrücklich wird hier der stupide Alltag von Menschen beschrieben, aber nach dem Einstieg, brechen die Dämme, und das Stück wird richtig heavy und rockt richtig los.

„The End“ läutet sehr gefühlvoll den letzten Teil des Albums ein, Piano, Streicher und eine herausragende Gesangsleistung von Volker Oster sorgen für echte Gänsehautgefühle, das Stück geht nahtlos in den Titeltrack „Why“ über. Annika Stolze ist mit ihrem Cello zu hören, ein fast schon cineastischer Einstieg, hier werden noch einmal alle Register gezogen, für mich der Toptrack auf dem Album! Überhaupt sollte man hier an der Stelle noch einmal erwähnen, das auch die Gäste, wie beispielsweise die Sängerin Isgaard oder die Violinistin Katja Flinsch und die Cellistin Annika Stolze das Album mit ihren Beiträgen veredeln. Mit „The Dubiousness“ endet das Album so wie es begonnen hat, mit akustischer Gitarre und der Frage „Just Why“?

Ich bin mir ziemlich sicher das Vlyes mit ihrem Album „Why“ offene Tore einrennen können, ist es doch ein sehr gelungenes Debüt von Kay Soehl geworden. Und das nicht nur für Freunde melodischer Artrockklänge … auch deshalb wird das Album seine Fans finden. Empfehlenswert!

Wertung: 8.5 | 10

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