Im letzten Jahr erschien mit „Seven Chambers“ ein neues Doppelalbum von Unitopia, das ausgesprochen wohlwollend aufgenommen wurde. Renald Mienert sprach mit Sänger Mark Trueack.
Euer Comeback war für viele eine Überraschung. 2014 hatten sich ja Unitopia aufgelöst, du hast mit United Progressive Fraternity weiter gemacht, während Sean Southern Empire ins Leben rief.
Es gab damals Meinungsverschiedenheiten zwischen Sean und mir und wir beschlossen Unitopia nicht weiter zu führen, und es sah auch so aus, als ob dies für immer sein sollte. Er startete sein Projekt und ich UPF. Ich habe dann bis Ende 2016 nichts von ihm gehört. Ich erinnere mich genau an den Anruf. Sean war überrascht, dass ich überhaupt reagierte habe, weil er dachte, ich mag ihn nicht mehr. Aber ich habe ihn immer gemocht, egal was passiert ist. Und ich sage niemals nie. Uns gehört gemeinsam ein Studio und Sean informierte mich, dass es Probleme gibt, und einer der Mieter seine Raten nicht zahlt. Er bat mich um Hilfe, und wir haben das geklärt – aber das ist eine andere Geschichte. Er fragte mich aber auch, ob ich Interesse hätte, Steve Hackett live auf einer Tour durch Australien und Neuseeland zu unterstützen, weil es so aussah, als ob Steve nicht mit seiner eigentlichen Band auftreten konnte, weil der Promoter das ursprünglich nicht zahlen wollte. Er hat sich dann aber doch dafür entschieden, und wir wurden nicht gebraucht. Steve hat uns dann aber – typisch Gentleman – zu einem Konzert eingeladen. Steve spielt ja auch auf den UPF – Alben. Sean und ich hatten dann Idee, eine remixte und remasterte Fassung von „More Than A Dream“ zu veröffentlichen, weil das Original nicht mehr verfügbar war. Wir haben dann diese unveröffentlichten Stücke hinzugefügt und es wurden drei CDs und es wurde ein großer Erfolg. Wir waren überrascht, dass wir immer noch diese Fanbasis hatten.
Wie ging es dann weiter?
2020 planten wir eine Tour mit UPF und einige Festivals, was aber durch Covid nicht zustande kam. Ich hatte mittlerweile unseren neuen Gitarristen John kennengelernt, der bei einer UPF- Akustik –Show eingesprungen war. Mit ihm begann ich an den Stücken „Broken Heart“ und „The Stroke Of Midnight“ zu arbeiten. Diese Ideen zur Musik hatte John schon über viele Jahre, er hatte nur keine Verwendung dafür. Er arbeitet ja als Mediziner und ist ein hervorragender Arzt. Mittlerweile hat er sein erstes Soloalbum veröffentlicht und arbeitet am zweiten. Steve Hackett liebt es.
Neben dem schon erwähnten John Greenwood ist auch Steve Unruh von UPF jetzt Mitglied bei Unitopia.
Vor vielen Jahren hat Steve „The Garden“ gehört und es sagte, hätte ich euch damals gekannt, ich wäre ein Mitglied eurer Band geworden.
Ihr vier seid alle am Songwriting des aktuellen Albums beteiligt…
John, Steve und Sean sind hervorragende Songschreiber. Ich kümmere mich um die Gesangslinien und die Texte. Wenn mir jemand ein Stück Musik gibt, dann schreibe ich diese dazu, das ist für mich kein Problem. Sean und ich lieben verschieden musikalische Stile. Ich mag auch afrikanische Musik oder Musik aus dem Nahen Osten – vergleichbar mit Peter Gabriel – auch Jazz oder Blues. Was immer zu dem Song passt, kommt hinein.
Bliebe dann noch die Rhythmussektion….
John brachte Chester Thompson ins Spiel, der ja unter anderem für Genesis gearbeitet hat. John ist riesiger Genesis – Fan. Chester sagte innerhalb weniger Tage zu und als wir ihn nach einem Bassisten fragten, brachte er Alphonso Johnson ins Spiel. Chester hat uns ein großes Kompliment gemacht. Er sagt, er liebt, was er für Genesis gemacht hat, aber er hatte noch nie so viel Spaß wie auf der Tour mit uns. Natürlich hat er mit Genesis in großen Hallen gespielt, aber es geht ihm um die Kameradschaft oder das Gefühl, gemocht zu werden.
Aber am Bass gibt es schon wieder eine Veränderung…
Alphonso hat das ganze Album eingespielt, konnte aber aufgrund anderer Verpflichtungen nicht live mit uns spielen. Von daher ist aktuell Don Schiff unser Bassist.
Don Schiff kennt man in der Prog-Szene ja noch als Mitglied der Rocket Scientists…
Ja, er hat aber für Stars wie Raquel Welch oder auch Elvis Presley gearbeitet.
Euer neues Album ist ein Doppel-Album und heißt „Seven Chambers“. Inhaltlich geht es bei den meisten Songs um ernsthafte gesundheitliche Probleme.
Die Stücke basieren vor allem auf unseren eigenen Erfahrungen. Alle von uns hatten mit ernsthaften gesundheitlichen Problemen zu kämpfen. Und ich hatte von allen die meisten. Immerhin ist es einfacher Texte zu schreiben, wenn sie auf persönlichen Erfahrungen beruhen.
Es gibt aber eine Ausnahme….
Der fast zwanzig Minuten langen Song „Helen“ ist Helen Brook Taussig gewidmet. Sie war eine Pionierin der Medizin und entwickelte eine Methode zur Behandlung von Babys mit angeborenem Herzfehler. Es geht auch immer um Hoffnung. Unitopia wollten mit ihrer Musik auch immer die Hörer herausfordern, sich Gedanken über sich selbst zu machen, ihr Leben, ihre Gesundheit. Hoffnung ist ein Thema, das mich in den letzten Jahren sehr beschäftigt hat. Nicht zuletzt heißt ja auch das UPF – Album „Hope“.
Heutzutage sagen ja viele, die Leute sind nicht mehr bereit, so viel Zeit in das Hören von Musik zu investieren. Ist ein Doppel-Album da kein Risiko?
Als wir „The Garden“ veröffentlicht haben, auch ein Doppel-Album, sagte die Plattenfirma, wir hätten mehr Erfolg haben können, hätten wir eine einzelne CDs mit den besten Tracks veröffentlicht und den Rest als EP. Vermutlich haben sie Recht. „Seven Chapters“ passt in dem Format aber auch perfekt auf eine Doppel-LP, die beiden Longtracks nehmen jeweils eine Seite ein. Ich glaube nicht, dass eine Art Seven Chambers Vol.1 und Vol. 2 Sinn gemacht hätte.
Live-Auftritte sind für eine Band wie Unitopia sicher nicht so einfach?
Leider können wir nicht so oft touren, es ist sehr teuer und man braucht einen guten Tourmanager. Außerdem leben wir so weit voneinander entfernt. Don zum Beispiel lebt in LA. Chester in Nashville, dann haben wir noch Australien, und ich lebe in Thailand.
Was unterscheidet das aktuelle Line – Up von den früheren?
In der Vergangenheit waren Sean und ich vor allem Unitopia. Aber das wollten wir ändern und haben es wohl auch. Mit Steve und John und nun Chester und Don, sind alle Bandmitglieder auch Songschreiber – dass ist perfekt und etwas, was es vorher bei Unitopia nicht gab.
Wir hoffen, es bleibt so und wünschen euch natürlich vor allem Gesundheit!