Interview mit Arjen Lucassen – Klotzen statt Kleckern

Nachdem der holländische Künstler mit „Supersonic Revolution“ eine Hommage an den Rock der Siebziger ablieferte, veröffentlicht er im Mai diesen Jahres gleich zwei Alben. Da wäre zunächst „01011001 – LIVE BENEATH THE WAVES“ von Ayreon und zeitgleich dazu LUCASSEN & SOETERBOEK’S „THE LONG-LOST SONGS“ ein Album dass er unter dem Namen Plan Nine zusammen mit dem Sänger Robert Soeterboek einspielte. Renald Mienert sprach mit dem umtriebigen Musiker.

Bei Plan Nine denkt man unwillkürlich an den Science Fiction Film „Plan Nine From Outer Space“, der es ja zu einer Art traurigen Berühmtheit gebracht hat.

Ja, ich erinnere mich, es war 1992 als ich den sogenannten schlechtesten Film aller Zeiten sah. Diesen Film von Ed Wood. Ich habe dann Robert davon erzählt und sagte, es war so lustig, aber ich weiß nicht, ob du ihn dir anschauen solltest, eigentlich kann man ihn sich gar nicht anschauen. Er meinte, das wäre doch ein cooler Bandname, Plan Nine From Outer Space. Aber das war uns dann zu lang und so wurde es nur Plan Nine.

pic: (C) lori linstruth

Wie es der Albumtitel schon vermuten lässt, die Songs haben schon ein paar Jahre auf dem Buckel.

Ende der Achtziger war es mit dieser Musik vorbei. Mit Nirvana begann die Zeit des Grunge. Smells Like Teen Spirit hat die gesamte Hairmetalszene weggeblasen. Nicht, dass dies eine schlechte Sache gewesen wäre. Ich mag Nirvana, ich mag Alice in Chains. Aber für mich als Musiker war das schlimm. Wir bekamen keinen Deal mehr mit Vengeance, niemand hatte mehr Interesse an dieser Musik. Ich habe es dann mit Plan Nine probiert, weil es ja auch etwas bluesiger war. Es gab einige Interessenten, man mochte Roberts Gesang, der ja auch Ähnlichkeiten zu David Coverdale hat, aber keiner  wollte riskieren, uns unter Vertrag zu nehmen. Ich hatte damals viele Rückschläge, mein Soloalbum hat sich nicht verkauft, und ich habe einfach aufgegeben mit Plan Nine. Es war ja auch die Zeit, als ich mit Ayreon begann.

Dann war „The Final Experiment“ also auch ein Art letztes Experiment für dich?

Ja, das habe ich tatsächlich geglaubt. Als alles andere nicht funktioniert hat, dachte ich, jetzt höre endlich auf zu versuchen Musik zu machen, die andere von dir hören wollen, die die Plattenfirmen zufrieden macht. Mach einfach die Musik, die dir gefällt, und wenn du der einzige Mensch bist, der sie hören will – dieser Mix aus Folk, Prog, Metal, Electronic, Operngesang, Growls… Heute ist das fast normal, aber damals war ich vermutlich der erste, der einen solchen Mix probiert hat. Aber auch hier sagten die Leute zwar, super Musik, sowie Tommy von The Who oder The Wall von Pink Floyd, ich höre mir das Album Abend für Abend an, aber unter Vertrag nehmen wir dich nicht. Das tat dann zunächst JVC, aber nur für Japan und später dann Transmission Records.

Arjen Lucassen’s Supersonic Revolution

pic. (C) promo

Wie kam es dann zu der jetzigen Veröffentlichung?

Robert ist seit dreißig Jahre ein guter Freund von mir. Er bat mich einfach, ihm zu helfen. Er war auf der Suche nach einem Solodeal aber es klappte nicht. Er fragte, ob wir nicht einen alten Plan Nine Song aufnehmen sollten. Mir fiel sofort Annie Moore ein, mein Lieblingslied und Robert singt es fantastisch. Ich sagte also, ok, ein Lied, aber danach musst du alleine weitermachen. Aber es hat so viel Spaß gemacht, also machten wir zwei oder drei. Aber wir haben dann diese alten Aufnahmen gesichtet und dachten, wow, die Songs sind so gut, wir konnten einfach nicht aufhören. Und mussten einfach weiter machen.

Es gibt auch eine zweite CD, die vor allem Demos der Stücke des eigentlichen Albums enthält, aber auch zwei Songs, die doch eigentlich noch auf die erste CD gehört hätten.

Ich denke, die Leute haben heute nicht mehr die Ausdauer, über eine längere Zeit Musik aufmerksam zuzuhören. Das geht vielleicht mit zehn, elf Liedern, aber mit mehr auch nicht. Also hielten wir es für besser, diese beiden Stücke – Stand Tall und Gimme The Nightime –  auch auf die Bonus- CD zu packen.

Wenn man die Songs hört, dann scheint ihr Spaß gehabt zu haben.

Ja, das ist dieser Geist der Achtziger. In den Achtzigern konnte Musik noch einfach Spaß machen. In den Neunzigern musste dann alles ernst sein. Ich meine, man hat die Typen von Alice In Chains nie Faxen machen gesehen.

Du hast vorhin schon den Song Annie Moore erwähnt, da gibt es sozusagen ein Duett von Gesang und Gitarre.

Ja, das ist auch eine Hommage an Yankee Rose von David Lee Roth, wo Steve Vai Gitarre spielt.

Robert wird das Material ja mit einer Liveband auch auf die Bühne bringen, aber ohne dich.

Robert ist da völlig anders als ich, er liebt es, auf der Bühne zu stehen. Wir haben bei den Songs auch darauf geachtet, dass sie live funktionieren, nicht zu kompliziert sind. Bei Ayreon ist das viel schwieriger. Plan Nine sollte wie eine altmodische Rockband aus den Siebzigern und Achtzigern funktionieren. Und natürlich plant Robert für Plan Nine neun Shows. Aber es ist wirklich nicht mein Ding. Es ist einfach nicht in meinem System. Wenn wir Ayreon live spielen, bin ich so extrem nervös. Ich bin in anderen Dingen einfach besser, als Live zu spielen – Musik zu kreieren und zu produzieren. Ich werde sicher eine Show besuchen und wenn er mich bittet, auf die Bühne zu kommen, werde ich Hallo zu den Leuten sagen. Müsste ich spielen, könnte ich tagelang vorher nicht schlafen.

Da wären wir dann bei deiner zweiten aktuellen Veröffentlichung. „01011001 – Live Beneath the Waves” wurde im September 2023 in Tilburg aufgenommen. Diese Events sind für die Fans sicher unvergesslich und die Livemitschnitte dokumentieren das brillant, aber die Fans würden schon mal wieder ganz gerne ein neues Ayreon – Studioalbum hören.

Ein Album planen funktioniert für mich nicht. Es wird sicher irgendwann ein neues Ayreon-Album geben. Vielleicht denken die Leute, ich mag keinen Prog mehr, aber das stimmt nicht, ich liebe so viele Arten von Musik. Tatsächlich habe ich gerade ein weiteres Projekt beendet, das wieder völlig anders ist.  Es ist das Soloalbum einer bekannten Sängerin, aber ich darf keine Namen nennen.

Du hast ja begonnen, die Ayreon-Studioalben als Remix neu zu veröffentlichen. Wie geht es damit weiter?

Als nächstes käme „The Human Equation“, ich denke schon, ich könnte den Sound verbessern, und es ist ja auch genau zwanzig Jahre her, aber ein Remix wäre eine aufwändige Sache. Und in diesem Jahr kann ich kein weiteres Album auf den Markt bringen.

Aber auch wenn Liveauftritte nicht dein Ding sind, du wirst doch hoffentlich auch mit deinen Live-Wochenenden weiter machen?

Wir werden definitiv 2025 etwas live machen. Wir diskutieren aber noch, was, ob wir zum Beispiel wieder ein ganzes Album spielen. Es ist ja auch das dreißjährige Jubiläum von Ayreon.

Dann sind wir ja beruhigt.

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