Review: Blind Ego – The Hunting Party (2024)

Seit dem Debüt aus dem Jahre 2007 ist der neue Longplayer bereits sein fünftes Studio-Album mit Blind Ego. Dazu erschien 2017 ein Live-Album und 2022 ein fast instrumentales Album „Voices“ unter eigenem Namen. Kalle Wallner scheinen die Ideen und die Lust am Produzieren nicht auszugehen – trotz seiner Hauptband RPWL, dem eigenem Label Gentle Art Of Music, seinem Tonstudio und vielen weiteren Projekten als Produzent und Gitarrist.

Tracklist:

1. The Hunting Party (5:49)
2. The Stranger (4:53)
3. Spiders (5:51)
4. Boiling Point (5:44)
5. In a Blink of an Eye (7:15)
6. Breathless (7:36)
7. When the Party’s Over (5:51)

Dabei stand die Tour des letzten Albums „Preaching To The Choir“ unter keinem guten Stern. Für viele Fans waren diese Konzerte im Frühling 2020 die letzten unmittelbar vor dem Corona-Lockdown und für viele Monate die letzten Konzert-Erlebnisse. Auch alle weiteren Konzerte von BLIND EGO konnten nicht stattfinden und so wurde das Projekt abrupt ausgebremst. Wallner wurde jedoch keineswegs langweilig. Mit Drummer Marco Minnemann produzierte er im Lockdown sein persönliches „Corona-Instrumental-Album“ namens „Voices“ mit nur einem von Arno Menses (Subsignal) gesungen Song.

Nun erschien mit „The Hunting Party“ sein neues Album, mit dem Unterschied, das zuerst die Texte entstanden, wieder mit Autor Dominik Feiner, und Wallner komponierte die Musik später dazu. Bei den anderen Produktionen war die Vorgehensweise genau umgedreht. Kalle sagt selbst dazu: „Ich suche immer nach neuen Herausforderungen, wie zum Beispiel bei RPWL im Team zu einem bestimmten Thema zu schreiben. „Voices“ war quasi ein Instrumental-Album und nun habe ich zum ersten Mal zu fertigen Texten komponiert, anstatt die Lyrics zur Musik zu finden.“

Diese Inspiration hört man den Songs an: sie klingen frisch und unverbraucht, sie sind sehr abwechslungsreich, haben harte und weiche Töne, sind mal treibende und durchaus komplexe Rock-Songs und mal Balladen. Alle diese Elemente vereinigen sich auf „The Hunting Party“ zu einer ganz besonderen Einheit.
Die Lyrics der sieben Songs können dabei sehr unterschiedlich interpretiert werden: auf eine sehr persönliche, jedoch auch auf eine nach außen gerichtete, gesellschaftliche Weise. Man kann dabei jederzeit „Jäger“ aber auch „Gejagter“ sein. Wallner sagt dazu: „Ich mag Lyrics, in die man sich hineindenken kann und die genug Platz für eigene Gedanken und Spekulationen lassen.“

Zum großartigen Gesamteindruck des Albums trägt neben Wallners außergewöhnlichem und markantem Gitarrenspiel vor allem der talentierte und erstklassige Sänger Kevin Kearns bei. Kearns, der bei seiner eigenen Metalcore Band Cyant normalerweise ganz andere Töne anschlägt, entpuppt sich als Idealbesetzung: er interpretiert die Songs auf „The Hunting Party“ ganz besonders emotional, nimmt einen durch alle leisen und lauten Passagen mit – mal schnörkellos, mal filigran, aber immer höchst ausdrucksstark und voller Energie strotzend.
Dazu gesellen sich erneut Ausnahme-Drummer Michael Christoph und Kalle Wallners langjähriger musikalischer Weggefährte Yogi Lang (RPWL), der dem Album nicht nur als Mitproduzent und Keyboarder seinen Stempel aufdrückt, sondern sich auch für den glasklaren Mix und das Mastering verantwortlich zeigt.

Schon der Titelsong beinhaltet sowohl die melodischen als auch die komplexen Elemente von BLIND EGO und katapultiert den Hörer mitten rein in das Album. Darauf folgt mit „The Stranger“ ein wunderbarer klassischer Rock-Song mit Mitsing-Potential. „Spiders“ ist ein richtiger „Up-tempo Rocker“, ehe sich die erste Hälfte mit  „Boiling Point“ sehr dynamisch im Alternative-Stil zu Ende neigt.

„In a Blink of an Eye“ hat ein sehr unkonventionelles Arrangement, steigert sich von Strophe zu Strophe, bis er sich endlich in seine ganze brachiale Wut entlädt. Kevin Kearns führt hier den Hörer atemberaubend durch alle emotionalen Höhen und Tiefen, ehe die Wogen ruhiger werden und der längste Song des Albums mit einen wunderschönen Gitarren-Solo schließt. Nicht zuletzt wegen solcher Soli wird Kalle Wallner sehr mit David Gilmour verglichen. Und es sind genau diese Soli die die Fans erwarten und lieben.

Es folgt „Breathless“, das mit seinen harten Riffs und Kanten fast schon Progressive Metal Charakter besitzt. Dennoch verlässt Kalle Wallner nie die melodischen Pfade in seinen Stücken und setzt auch hier wieder einen Refrain der sich schnell einbrennt. Zum Schluss wird der Hörer aus „The Hunting Party“ mit der wunderschönen melancholischen Ballade „When the Party’s Over“ entlassen. Für mich ist die Party hier aber noch nicht beendet, ich drehe die Platte nochmal rum und fange von vorne an … ein wirklich tolles Rockalbum!

Wertung: 9 | 10 Punkte

pic: (C) alexey testow

Line-Up:

Kalle Wallner – guitars, bass, keyboards, programming
Kevin Kearns – vocals
Yogi Lang – keyboards
Michael Christoph – drums

Tourtermine 2024:

Support: Marco Glühmann (Sylvan)

20.11. Hamburg – Logo
21.11. Zoetermeer (NL) – Poppodium Boerderij
22.11. Rüsselsheim – Das Rind
23.11. Freising – Lindenkeller
24.11. Oberhausen – Zentrum Altenberg

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