Livereport: German Prog Meeting Oberhausen

In 2023 hatten Flying Circus zusammen mit der Band Chandelier einige gemeinsame Doppel-Headliner-Auftritte. Wie gut die Chemie zwischen diesen Bands ist, zeigte die Nachricht, die Christoph Tiber (Bassist von Chandelier) der Band vor den Konzerten geschickt hatte und ihnen viel Erfolg bei den Gigs wünschte. Im Rahmen des German Prog-Rock-Meeting 2025 gingen nun die beiden deutschen Rockbands Flying Circus und The Ancestry Program (TAP) gemeinsam auf Doppel-Headliner-Tour. Am 07.03.2025 gastierten sie im Zentrum Altenberg in Oberhausen, einer der Progrock-Hochburgen im Ruhrgebiet. Die beiden außergewöhnlichen Bands, in denen sich absolute Profimusiker befinden, sind für ihren druckvollen und mitreißenden Sound bekannt. Das hat sich auch unlängst in der Szene rumgesprochen, so dass auch zahlreiche Rockfreunde zu diesem Konzert kamen.

Ganz so lang wie Flying Circus gibt es die aus Bayern stammende Band The Ancestry Program, kurz TAP, noch nicht. Die Band gründete sich zunächst als Studioprojekt von Andy Lind und Mani Gruber. Ihr erstes Album „Tomorrow“, das im Jahr 2020 erschien, sorgte aber schon für Furore in der Szene. Es folgten dann mit dem 2021’er „Mysticeti Ambassadors: Part I“ und dem 2023’er „Of Silent Mamalia: Part II“ zwei weitere grandiose Alben. Musikalisch bewegen sich TAP im Umfeld des Progressive-Metal, wobei ihre Songs aber immer eine hohe Musikalität aufweisen.

Nach einigen Umbesetzungen steht seit einiger Zeit das Line-Up in der Besetzung Ben Knabe (Gesang, Pedal-Steel-Gitarre), Thomas Burlefinger (Keyboards, E-Gitarre, Gesang), Mike Voglmeier (Gitarre), Marco Osmajic (Bass, Gesang) und Andy Lind (Schlagzeug, Growls). Es fehlte allerdings der zweite Gitarrist und Gründungsmitglied Mani Gruber aus gesundheitlichen Gründen. Er wurde von allen schmerzlich vermisst. Aus diesem Grund griff Thomas Burlefinger zwischendurch auch mal zur E-Gitarre, darüber hinaus brachte Ben Knabe einige Male Licks an der Slide-Gitarre mit ein. So spielten sie die Stücke auch als Quintett in perfekter Manier.

Die Jungs hatten sich schon um 6:00 Uhr morgens von München aus auf den Weg ins Ruhrgebiet gemacht, um pünktlich um 19:30 mit ihrem Gig zu starten. Auf dem Programm standen Stücke aus ihren drei Alben. Der Fokus lag dabei auf dem Debütalbum „Tomorrow“ aus dem Jahr 2020, von dem die Hälfte der Songs stammte. Was beim Blick auf die Bühne als erstes auffiel, war das Keyboard Rack von Thomas Burlefinger, das mit einem Banner von TAP bespannt war. Erst dachte man, dass man ihn nicht spielen sehen könnte, weil er sich dahinter versteckt. Wer aber Thomas Burlefinger kennt, der weiß, dass er sich auch gerne dem Publikum zeigt (auch mit einem tragbaren Keyboard) und so stellte sich schnell heraus, dass das Rack rauf und runtergefahren werden konnte.

Nach dem eröffnenden „Mysticeti Ambassadors …“ vom aktuellen Album, das sich atmosphärisch, aber druckvoller als auf dem Album zeigte, gingen TAP erstmal zu ihrem Debütalbum zurück und präsentierten eine druckvolle Version von „Another Way To Fly“. Alle Musiker zeigten sich äußerst Spielfreudig, so dass man eigentlich keinen herausnehmen kann. Was aber Andy Lind da für filigrane Schlagzeugkombinationen und komplexe Taktwechsel raushaute, die immer perfekt zu den Songs passten, das sucht schon seinesgleichen. Sanfte, eingängige Melodien mit druckvollen Rhythmen verwoben die Fünf dann in dem wunderbaren Song „Gusty Ghost“. Garniert wurde das Ganze dann – wie auch bei den anderen Stücken – durch herrliche Soloeinlagen von Keyboard und Gitarre. Andy schob dann bei Songs wie „Pun Intended“ und „Pangreta’s Box (Dark Matter)“ einige Growls ein, die den Stücken noch mehr Druck und etwas Düsteres verliehen, aber nie zu dominant waren. Und in „Easy For Us“ sorgte dann der Acapella Gesang zum Ende von „Easy For Us“ für wohlige Gefühlsausbrüche. Zu dem Song „War Is Over“ schnallte sich Thomas Burlefinger dann erstmals die E-Gitarre um. In diesem Song wurden dann auch einige bluesige Elemente verwoben und die Keyboards klangen nach den guten alten 70’er-Jahre Hardrock-Bands.

Mit „Tiny Monsters“ hatten sie dann auch einen meiner Lieblingssongs im Programm, der Progmetal mit Electropop á la Depeche Mode & Co vermischt und einen ausufernden Instrumentalteil besaß. Ein unwiderstehlicher Song, der live immer ein Highlight ist. Ben sang hier streckenweise mit Vocoder veränderter Stimme. Dieses Element nutzte er auch bei weiteren Songs. Ein mit fetten Riffs durchzogenes „Tangerine Parties“ beendete dann den eindrucksvollen Gig der Münchner Band. TAP werden sich an diesem Abend einige neue Fans erspielt haben, denn ihr komplexer Metalprog kam gut beim Publikum an.

Setlist The Ancestry Program:

Mysticeti Ambassadors… | Another Way To Fly | More To This | Gusty Ghost | Pun Intended | Easy For Us | War Is Over | Tiny Monsters | Pangreta’s Box (Dark Matter) | Tangerine Parties | Tomorrow | Mysticeti Ambassadors Part 1 | Of Silent Mammalia Part 2

Flying Circus wurde bereits im Jahr 1989 gegründet und bewegt sich im traditionellen Hardrock mit progressiven Elementen. Dabei haben sie den Rock der 70’er inhaliert und ihn in die Moderne transformiert. Seit 1997 veröffentlicht die Band regelmäßig Alben, die von hoher Qualität zeugen. Seit 2012 agiert die Band nun in einem äußerst stabilen LineUp, bestehend aus Michael Dorp (Gesang, Perkussion), Michael Rick (Gitarre), Rüdiger Blömer (Keyboards, Geige) und Ande Roderigo (Schlagzeug, Gesang). Bassist Roger Weitz, der ebenfalls zur Stammbesetzung zählt musste leider aus gesundheitlichen Gründen absagen. Für ihn sprang Bassist Dietmar Berteld ein, der gerade mal zwei Proben Zeit hatte um die Songs einzuüben. Das hat er aber so gut gemacht, dass er perfekt die Bassparts übernehmen konnte. Dietmar Berteld ist einigen in der Band nicht unbekannt gewesen, so spielten Michael Dorp und Dietmar schon gemeinsame Konzerte mit der Jon Lord Tribute Band „Tribute To Jon“ und auch Ande Roderigo hatte schon mit ihm in der Janis Joplin/Jimi Hendrix Tribute/Coverband „Kozmic Blue“ gemeinsam auf der Bühne gestanden. Darüber hinaus gehört Dietmar Berteld auch noch zum LineUp der Rolling Stones Tribute Band „Sticky Fingers“. Flying Circus bewiesen in Oberhausen welch spielfreudige und eingespielte Band sie sind.

Wie bei den letzten Auftritten, so begannen Flying Circus mit dem Stück „The World Is Mine“, einem Song, der sich durch seine eingängige, rockige Hookline schnell im Ohr festsetzt. Hier war die Nähe zu Bands wie Led Zeppelin deutlich zu spüren. Er beginnt immer mit sehr mediterranen Klängen und entwickelt schnell eine hohe Anziehungskraft. Dem schloss sich das ebenfalls fesselnde „Fire (I Wanna Go)“ an. „More Than One“, handelt davon, dass sich zwei Leute treffen und zusammen Musik machen wollen. Der eine ist im Rock, der andere im Rock’n’Roll verankert. Beides braucht man um gute Rockmusik zu spielen. Ein klasse Song aus dem Konzeptalbum „Starlight Clearing“, bei dem die Keyboards in der zweiten Hälfte recht jazzig klangen und auch eine Spur Doors-Feeling verströmten. Es folgte mit „No Way Back“ ein weiteres Stück aus „Starlight Clearing“, das von den Gitarren einige Elemente der Titelsongs vom James Bond Film „Ein Quantum Trost“ (von Jack White und Alicia Keys) und „Casino Royal“ (von Chris Cornell) aufzuweisen schienen. Allerdings trug der Song doch deutlich die Handschrift von Flying Circus.

„Follow The Empress“ ist ein sehr schöner balladesker Song, der von Ande Roderigo perfekt gesungen wird. Im Verlauf vermischten sich die beiden Stimmen von Ande und Michael bestens. Ein unter die Haut gehender Song mit herrlichen Soli. Keyboard und Gitarre gingen hier einen herrlichen Dialog miteinander ein. Dann folgte das Instrumental „Derry“ vom Album „1968“, bei dem nur Michael Rick an der Akustikgitarre und Rüdiger Blömer an der Geige agierten. Sie begannen zunächst recht intim um dann in einen treibenden, folkigen Part zu wechseln. Dem schloss sich dann das Stück „Never Again“ vom „Seasons“-Album an, das, wie Michael erklärte, erst zum dritten Mal live dargeboten wurde. Das Stück, das Michael Dorp als krautig anpries hatte darüber hinaus auch einen Orgelpart, der an Manfred Mann erinnerte und von psychedelischen Klängen durchzogen war.

Das wunderbare „Pride Of Creation“ begann dann mit einem markanten Basslauf. Sägende Gitarren leiteten dagegen in den Song „The Hopes We Had (in 1968)“ ein. „Seasons“, mit dem das Konzert beendet wurde, ist ein Stück, das wieder Led Zeppelin-Flair verströmte. Die Band spielt es bei den Konzerten immer wieder in anderen Versionen. Was diese aber gemein haben, ist der treibende Instrumentalpart, bei dem Michael zur Darbuka (ein Perkussion-Instrument aus dem nordafrikanisch/arabischen Kulturkreis) greift. Ein perfekter Abschluss für dieses tolle Konzert. Leider mussten aus Zeitgründen der geplante Song „Dancing Stone“ sowie die Zugabe „The Jewel City“ entfallen. Aber auch so lieferten Flying Circus wieder einen fesselnden und tollen Gig ab, der das Publikum zu begeistern wusste. Es ist zu wünschen, dass die Band endlich mehr Aufmerksamkeit bekommt. Das Gleiche gilt natürlich auch für die Münchner Band The Ancestry Program von denen zum Abschluss auch noch einige Musiker für ein Abschlussbild zusammen mit Flying Circus auf die Bühne kamen.

Setlist Flying Circus:

The Wolrd Is Mine | Fire (I Wanna Go) | More Than One | No Way Back | Follow The Empress | Derry | Never Again | Pride Of Creation | The Hopes We Had (in 1968) | New York | Seasons | Forth | Ones And Zeros | Starlight Clearing | 1968 | Seasons

Text: Stephan Schelle | Bilder: Stephan Schelle

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