Review: Pure Reason Revolution – Eupnea

Meine CD- und Konzert-Begegnungen mit PURE REASON REVOLUTION waren bis 2019 nicht unbedingt nachhaltig. Das betrifft auch das von den holländischen Fans abgefeierte Reunion Konzert in Valkenburg vor 2 Jahren. Ich stand nur schulterzuckend daneben mit der Feststellung, das Geschmäcker eben verschieden sind. Allerdings fiel mir etwas die Kinnlade runter, als ich den 10 Minüter „Silent Genesis“ vom zu erwartenden neuen Album „Eupnea“ Anfang 2020 im Internet ausprobierte. Dieses Auf-und Abschwellen in einem langen Song, diese starke Dynamik zwischen Melodie, Wall Of Sound und Stille beeindruckte mich sehr. Die folgenden Hörproben erschienen nicht wirklich schlechter, also war überraschend für mich selber der CD Kauf beschlossene Sache.

Tracklist:

1. New Obsession

2. Silent Genensis

3. Maelstrom

4. Ghosts & Typhoons

5. Beyond Our Bodies

6. Eupnea

Die Musik des gesamten Album ist in seinen 6 Stücken von den oben beschriebenen dynamischen Auf- und Ab ́s gekennzeichnet. Die Gesamtwirkung ist zum großen Teil kühl und düster. Die Videos im Netz, das Layout, das mystische Titelbild, in Schwarzweiß mit einzelnen ausgewählten Farben unterstreichen das. Durch die kräftigen Drums, die scharfen Gitarren und die begleitenden Keyboard-Sounds und -Effekte entsteht eine enorme Wucht, die auf den Hörer prallt. „New Obsession“, „Silent Genesis“ und mit Abstrichen auch der an den Schluß gesetzte Titelsong sind wahre Prog Rock Kracher. Was nicht heißt, dass das Album auch stille Momente hat, die meisten Songs kennzeichnet eine starke Dynamik zwischen laut und leise. „Maelström“ und „Typhoons“ beginnen dabei mit einem eher liedhaften Charakter und verlieren diesen Charakter trotz zunehmender Lautstärke bis zum Schluss nicht. Der dabei insgesamt entstehende Sound hat Einmaligkeitscharakter. Die beiden prägnanten Stimmen von Chloe Alper und John Courtney und die Magie, die sie damit ausstrahlen, einzeln und im Duett, tun dabei das ihrige und unterstreichen mit das besondere dieses Albums. So muss Progressive Rock klingen: außergewöhnlich, modern, auch sperrig. Großes Kino!

Richtig spannend sind die auf den ersten Blick ziemlich sperrigen Texte. Betrachtet man diese genauer und recherchiert ein bißchen im Internet, dann findet man sich de facto auf einem Konzeptalbum wieder, auf welchem die Geburt des Kindes von John Courtney verarbeitet worden ist. Seine Tochter kam als Frühgeburt zur Welt, ihr Leben hing über einen Monat am seidenen Faden. Das emotionale Auf und Ab, das Nicht-Wissen was am nächsten Tag sein wird und die tiefe Hoffnung, dass das Kind normal weiter atmet, kennzeichnen Musik, Texte und Albumtitel. Bei den ersten beiden Titeln kann man eine Zugehörigkeit zu diesem Konzept nur hinein interpretieren. Richtig eindeutig wird es erst im Titelsong „Eupnea“, der aber dann auch die Thematik in voller Inbrunst bearbeitet. Mit dem Bewußtsein, dass wir hier ein Konzeptalbum zu einer sehr emotionalen Thematik vor uns haben, gewinnt das Album noch einmal kräftig an Zugang und an Bedeutung.

Auch wenn der Wahl-Ostberliner John Courtney in Interviews zum Album immer von „wir“ gemeinsam mit Chloe Alper spricht, scheint es doch im Wesentlichen ein Solo-Album zu sein. Alle Stücke nur mit geringer Hilfe selbst komponiert und arrangiert, abgesehen von den Drums auch alle Instrumente selbst eingespielt. Wir haben hier ein richtig tolles Album vorliegen, welches seit Erscheinen vor einem Jahr immer wieder den Weg in meinen Player findet, und welches in meinen Augen im vergangenen Jahr zu Unrecht medial etwas unter gegangen ist.

Wertung 9,5/10 Punkten

Band:

Chloe Alper (Gesang)

John Courtney (übrige Instrumente und Gesang)

Geoff Dugmore (Drums)

Johanna Kellerbauer (Streicher)

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