POND
Für einen der STONE PROG Redakteure (Gunter) war dies ein mit Spannung erwartetes besonderes Wiedersehen, denn das allererste Rockkonzert seines Lebens war ca. 1979 ein POND Konzert. Heute also das Wiedersehen nach 42 Jahren. Beim Betreten des Saales begrüßte das ArtRock Publikum auf der Bühne ein umfangreiches Keyboard Arsenal mit 12 Manualen a la Rick Wakeman. Der Aufbau war mit einer Glocke und einem Gong garniert, die jeweils (wenn auch kurz) zum Einsatz kamen. Etwas überraschend war, dass Paule Fuchs die Show alleine auf der Bühne bestritt, denn POND war immer als Duo bekannt; und auch derzeit arbeitet der Meister an sich wieder mit einem neuen Partner zusammen.
Das Publikum wurde zu mittäglicher Stunde Zeuge einer beeindruckenden Keyboard Space Sinfonie. Die popmusikalisch orientierten Stücke wurden gebunden und zum Zuhören geeignet präsentiert. Die Videoprojektionen bestanden aus spacigen Landschaften, deutsche Songtitel wurden in den Übergängen zwischen den einzelnen Stücken eingeblendet. Dieser Mix aus zugänglichem Keyboard Sound, bewegten Bildern und einer beeindruckenden den ganzen Saal ausfüllenden Lasershow ließ ein tolles und nachhaltiges Konzerterlebnis entstehen, welches hier auch ein ArtRock Publikum dankbar und letztlich begeistert annahm. Paule Fuchs kreierte bei jedermann ein Kopfkino, wo sich der Rockfan die Frage was denn live gespielt sei, was angesteuert wurde und was vom Band kam ab einem gewissen Punkt nicht mehr stellen wollte. POND hatte es geschafft, die Besucher eines ArtRockFestivals zu fesseln. Die Probleme mit dem Mikrofon bei der Absage quittierte das Publikum eher mit einem Lächeln, denn die komplette aufwändig im Saal installierte Technik funktionierte ansonsten reibungsfrei.
Nach seiner Show gab sich Paule Fuchs betont publikumsnah. Die gesamte Zeit war er mit seinem antiken Merch-Köfferchen für einen lockeren Schwatz ansprechbar und wurde interessiert bei allen anderen Konzerten des Tages im Publikum gesehen
Crystal Palace
Crystal Palace sind Stammgäste in Reichenbach und Wiederholungstäger beim ArtRockFestival und begrüßten so viele Gäste persönlich, die sich ihrerseits schon aufs Wiedersehen gefreut hatten. Ihre Musik kann als am Neo Prog orientiert, aber zupackend beschrieben werden. Auch Crystal Palace hatte sich ihrerseits sehr auf ihr hier gegebenes erstes Konzert seit vielen Monaten gefreut, welches perfekt und begeisternd vorgetragen wurde. Man merkt den Berlinern an, das sie eine eingespielte Truppe sind, wie im Vorfeld schon angekündigt, wurde einiges vom lange angekündigten, mit Spannung erwartetem und noch nicht erschienenem Konzeptalbum “Still There” gespielt, sozusagen einige Livepremieren, aber auch gut bekannte Stücke wie “Scattered Shards” oder “Logical Fear”. Aber es gibt auch einige Klassiker, wie “Sleepless” oder “Beautiful Nightmare” die immer wieder für eine gute Stimmung sorgen. Ein schönes Konzert und ein Wiedersehen mit alten Bekannten. Einen genauen Termin für das neue Album konnte Yenz aber auch noch nicht nennen … bleiben wir gespannt!
Setlist Crystal Palace:
Introduction: Just One Small Step – Shadows (Livepremiere) – Dear Mother (Livepremiere) – Scattered Shards – Sleepless – Eternal Step – Daylight After The Rain – Orange Popsicle Sky (Livepremiere) – Logic Of Fear – All Of This – Sici – ENCORE: Beautiful Nightmare
PreHistoric Animals
Der Schreiber dieser Zeilen freute sich bereits seit Bekanntgabe der Buchung auf das Wiedersehen mit dieser schwedischen Band. Auf dem Festival “Prog at Sea” (Report findet ihr hier unter Konzertberichte) begann diese damals völlig unbekannte neue Band am 2. Tag mittags, ließ dem Publikum den Hangover vom ersten Tag vertreiben und holte das Publikum bereits mit den ersten Takten voll ab.
Vielen im Publikum, die noch nie von der Band gehört hatten, ging es hier ähnlich. Auch wenn heute erst das sechste Konzert der Karriere der jungen Band stattfand (Quelle: Homepage PreHistoric Animals) sowie das erste Konzert seit November 2019 und das erste Konzert in Deutschland, von Unsicherheit oder technischen Problemen war nichts zu sehen. PreHistoric Animals begeisterten mit ProgRock härterer Gangart, komplexer Rhythmik in eher zugänglichen und kürzeren Stücken. In der STONE PROG Redaktion gibt es zwar eine Meinungsverschiedenheit, ob das jetzt PROG Metal ist oder eher nicht, das Publikum nahm das musikalische Angebot der jungen Schweden begeistert an und freut sich nun auf mehr. Dies wird es auch bekommen, denn für 2022 ist das bereits dritte Album der Band angekündigt, aus dem heute als Welturaufführung mehrere Tracks live gespielt wurden.
Setlist PreHistoric Animals:
Floodgate – Run Stranger Run – The Magical Mystery Machine – We Harvest The Soul – Before The End – No Mortal Girl … – Welcome To My Shrinking Universe – Burn The Ground – Into Battle – Never Thought I Was A Monster
RanestRane
RanestRane sind vielen Festivalbesuchern ein vertrauter Gast. Heute haben sie sich auf die Fahne geschrieben, nichts weniger als das Weltkulturalbum “The Wall” von Pink Floyd komplett in einer Multimedia-Show aufzuführen. Spannend dabei war zusätzlich, dass sie sich dafür nicht das Pink-Floyd-Album vornahmen, sondern den offiziellen Spielfilm. Dieser hat einen teilweise musikalisch anderen Ansatz, so dass auch die Fans, die jede Note des Albums im Blut haben, zumindest an vielen Stellen neugierig aufhorchen durften. Das Ganze war perfekt interpretiert; so mancher mag gar nicht mit bekommen haben, dass beispielsweise auch ein elektrischer Kontrabass verwendet wurde. Dazu kam noch, dass eigene Interpretationen einzelner Stücke zum Tragen kamen, was besonders am Schluss bei “The Trial” auffiel. Als hochgradig beeindruckend empfanden wir dabei die punktgenaue Synchronität von Film und live-Musik, beispielsweise bei den marschierenden Hämmern. Wie man das rein technisch gelöst hat wäre einmal interessant zu erfahren.
Der genannte Spielfilm lief dabei als Voll-Projektion mit. Die Band war dabei geteilt am linken und rechten Rand der Bühne platziert, so dass der Blick auf den Film nicht versperrt werden sollte. Außerdem war die Band aus gleichem Grund nur vergleichsweise schwach ausgeleuchtet. Wir haben uns hier die Frage gestellt, warum sich die Band so extrem hinter den Film zurückstellt, was sie mit dieser musikalischen Leistung gar nicht nötig haben. Wir hätten uns zumindest ein Auftreten in einem geschlossenen Bühnenbild gewünscht um das Gefühl zu haben, einem RanestRane Konzert beizuwohnen, und nicht einem Kinofilm mit musikalischer Live-Begleitung.
Wie auch immer, das Publikum feierte diese Präsentation mit frenetischem Beifall und würdigte damit zurecht die tolle musikalische Leistung des Konzertes.
Focus
Die weltbekannten Focus beendeten mit ihrem Kultstatus das Festival. Die Erwartungen nach herausragendem Instrumental-Prog wurden voll erfüllt. Die unnachahmliche im Mittelpunkt stehende Ikone Thijs van Leer genoß diesen Auftritt sichtlich. Neben der Bühne als zurückhaltenden älteren Mann zu beobachten, lebt er hinter seiner Hammond voll auf, jodelt, brabbelt und feiert die Musik gemeinsam mit seiner Band und dem Publikum.
Er ist dabei umgeben von hervorragenden Musikern, denen er in den Songs und in entsprechenden Solos hinreichend Raum gibt. Vieles wird improvisiert, ohne dabei langweilig zu wirken. Beispielsweise bekam Peer van der Linden am Schlagzeug im diesmal überlang aufgeführten “Hocus Pocus” sein zweites Drum-Solo mit einer Dauer von über 10 Minuten. Auch die Solos an der Gitarre von Menno Gootjes und Udo Pannekeet am Bass und von Thijs an der Hammond Orgel waren lang, getragen und berührend.
Das Konzert war zu Ende, man wollte eigentlich von der Bühne gehen, aber Thijs van Leer hatte noch keine Lust dazu, so holte er alle auf die Bühne und es gab noch einen. In seiner Absage nach dem bemerkenswerten zweieinhalb Stunden Konzert lobte er Management, Veranstalter und Publikum und meinte, sich den ganzen Tag in Reichenbach zu Hause gefühlt zu haben. Wir glauben das war ehrlich gemeint.
Wir haben eindrucksvolle und innerhalb des Festivals sehr abwechslungsreiche Konzerte erlebt, was man so vom Set her unter diesen Bedingungen erstmal hinbekommen muss. Das spannende gesundheitspolitische Umfeld ließ dann doch ein entspanntes gemeinsames Abfeiern toller live Musik zu. Die Auftritte bedeuteten für die einzelnen Bands zumeist Shows mit historischem Charakter, da vielfach länger als ein Jahr vor Reichenbach nicht öffentlich gespielt werden konnte.
Uwe Treitinger, unser liebevoller Sturkopf, hat es mal wieder gemeinsam mit seinem Team hin gekommen. In seiner kurzen Dankesrede lobte er die anwesenden Fans und deren Disziplin, ohne die ein von ihm organisiertes Festival nicht hinzubekommen sein. Sein Lob gipfelte in einem Kniefall auf der Bühne und in Umarmungen vieler Fans während des Focus Konzertes. Nach dem erhofften, aber nicht unbedingt erwarteten Stattfinden der Festivals 2020 und 2021 darf man fest davon ausgehen, dass es ein Festival wie geplant auch 2022 geben wird, wenn auch möglicherweise pandemiebedingt nicht zum heute geplanten Termin 8.-10. April 2022 und möglicherweise nicht mit allen heute bereits gebuchten Bands. Drücken wir auf jeden Fall die Daumen und freuen uns gemeinsam bereits auf nächstes Jahr!
Deshalb noch einmal ein großes Dankeschön an Uwe und sein Team, den Technikern und allen die zum gelingen dieses Festivals beigetragen haben. Auch ein Dankeschön an Andreas Tittmann für das zur Verfügung stellen der Fotos!