Review: Flower Kings – By Royal Decree (2022)

Die FLOWER KINGS sind spätestens 2022 zur alten Dynamik zurück gekehrt. Also neues Jahr, neues Album, kein Problem: Roine Stolt entscheidet mit der Band wenn es wieder los geht. Wie auf Knopfdruck werden dann Ideen gesammelt komponiert, die Tracks eingespielt, gemischt und veröffentlicht. Bereits das dritte Mal in Folge reicht das Zeitvolumen einer Single-CD nicht aus, um alle Ideen auf Tonträgern für den Konsumenten unter zu bringen. Das muss man in dieser Quantität nicht immer mögen, aber man muss dieser überbürdenden Kreativität einfach nur tiefsten Respekt zollen. Denn vielfach beobachtet man als Fan dieses oder jenen Künstlers, wie schwer sich viele Musiker allgemein mit neuem musikalischem Material tun.

Mit „By Royal Decree“ legen die Schweden ihr drittes Album nach Neubeginn der Band 2018 vor. Nachdem das vorletzte Werk „Islands“ pandemiebedingt komplett über Internet-Kommunikation entstanden ist (für Roine Stolt nichts besonderes, denn zum Beispiel hat er Jon Anderson während der Entstehung des ANDERSON/STOLT-Albums „Invention Of Knowledge“ nie persönlich getroffen), konnte man im Sommer 2021 wieder in Schweden zum Einspiel der Basic Tracks im Studio persönlich zusammen arbeiten und Spaß haben. Die Band mit den neuen, inzwischen aber bereits im 4. Jahr tätigen Kollegen Zach Kamins (Keyboards) und Mirko DeMaio (Drums) scheint großartig zu harmonieren. Man wirkt eingespielt, auch wenn es natürlich auch hier nun über 2 Jahre her ist, dass man das letzte Konzert zusammen gespielt hat. Spannend ist die Entscheidungen zu beobachten, die um die Position am Bass in der Band getroffen wurden. Denn da Jonas Reingold praktisch das ganze Jahr mit STEVE HACKETT unterwegs sein wird und man damit nicht hätte live auftreten können, wurde Roine Stolt ́s Bruder Michael reaktiviert. Er wird auch mit den FLOWER KINGS live spielen. Beide Bassisten waren gemeinsam im Studio und damit beide auch in den kreativen Prozeß der Entwicklung des Albums integriert. Es wird interessant sein zu beobachten, wie es um diese Personalie weiter geht.

„By Royal Decree“ ist ein Album, was erobert werden möchte. Beim ersten Durchlauf kommt es etwas spröde und langweilig daher, auf die Schnelle will man offenbar keine neuen Fans gewinnen. Wie jedes FLOWER KINGS Album ist auch dieses wie guter Wein: es schmeckt umso besser, umso ofter man es hört und umso länger man es kennt. Diese Situation ist in der Band durchaus bekannt, siehe STONE PROG Interview mit Roine Stolt. Besonders auffällig ist, dass die Band an vielen Stellen bewußt den Sound der klassischen Alben der 90er Jahre durchklingen läßt, der die FLOWER KINGS zur damals mit wichtigsten Band der Progressive Rock Szene gemacht hat.

Die Musik wird besser und schöner mit jeden Hördurchgang. Die Ideen in den Arrangements und der Instrumentierung der eher kurzen Songs (18 Stücke verteilt auf 95 Minuten Musik) erscheinen schier endlos, jeder Song offeriert irgend etwas besonderes. So sind alle Bandmitglieder an ihren Instrumenten in Bestform. Über viele von Zach Kamins ́ Ideen für die Keyboards muss man schmunzeln, die drei beteiligten Bassisten (Jonas Reingold, Michael Stolt und Jonas Lindberg) grooven dass die Schwarte kracht, und Roine Stolt wird auch hier mit seinen Gänsehaut-Solos wieder seinem Ruf gerecht, der meist unterschätzte beste Gitarrist der Welt zu sein 🙂 Hasse Fröberg ist großartig dort, wo er singen darf. Auch mal ein Gesangs-Schrei von Michael Stolt ist zu hören! Darüber hinaus findet man in den Stücken teilweise klassische Instrumentierung mit Streichern, Bläsern und Chören, ein Akkordeon. Das Saxofon ist zurück! Dies war ein wichtiges Element der ersten Alben ab Mitte der 1990er Jahre. Aber nirgends werden diese besonderen Elemente zum Selbstzweck eingesetzt. Sie sind eher zurückhaltend und für meinen Geschmack immer passend gesetzt. An einzelnen Songs fallen zuerst die eher ruhigen aber intensiven Stücke „A Million Stars“, „Moth“ und das kurze Klavier-Instrumental „Shrine“ positiv auf. Dann zaubern mir Songs wie „We Can Make It Work“ oder „Letter“ wegen ihrem eher ungewöhnlichem Stil ein Lächeln auf die Lippen. Die anderen Stücke baden mehr oder weniger im klassischen FLOWER KINGS Sound, hier ist besonders der sinfonische Abschluss der CD 1 mit „Revolution“ toll.

Ich bin nicht Roines Meinung, dass man das Album am Stück hören und kennenlernen sollte (siehe STONE PROG Interview). Beim Kennenlernen des Albums habe ich es genossen, auch mal „in der Mitte“ anzufangen, um so mit frischem Ohr die Besonderheiten der einzelnen Stücke zu entdecken. Hilfreich dabei ist vielleicht, sich an den 6 Vinyl-Seiten zu orientieren, worauf sich immer jeweils genau 3 Songs befinden. Zufall oder Absicht – mein Eindruck ist, dass immer diese 3 Stücke irgendwie zusammen passen und harmonieren, und dass nach jeden Wechsel der Seite/der Platte irgend eine Stimmung neu beginnt. Roine Stolt zieht im STONE PROG Interview Parallelen zum klassischen 60-Minuten Monstertrack „Garden of Dreams“ – diese Parallelen sind tatsächlich erkennbar. Spannend wird in weiteren Hördurchläufen zu entdecken sein, wo zwischen den Songs die von Roine beschriebenen Querverweise und Wiederholungen zu verzeichnen sind. Die ersten habe ich auch schon entdeckt, wenn diese auch bei Weitem nicht so vordergründig sind wie zum Beispiel beim letzten TRANSATLANTIC Album.

Es lohnt sich, sich mit dem Album „By Royal Decree“ etwas mehr zu beschäftigen. Es ist das beste Album der FLOWER KINGS in der Neubesetzung seit 2018.

Wertung: 9/10

Tracklist:

CD 1 (51:33)
1. The Great Pretender (6:55)
2. World Gone Crazy (5:04)
3. Blinded (7:45)
4. A Million Stars (7:11)
5. The Soldier (5:23)
6. The Darkness in You (5:13)
7. We Can Make It Work (2:48)
8. Peacock on Parade (5:15)
9. Revolution (5:59)

CD 2 (41:14)
1. Time the Great Healer (6:12)
2. Letter (2:25)
3. Evolution (4:47)
4. Silent Ways (5:01)
5. Moth (4:31)
6. The Big Funk (4:39)
7. Open Your Heart (5:17)
8. Shrine (1:08)
9. Funeral Pyres (7:14)

Band:

 Roine Stolt / vocals, electric & acoustic 6- & 12-string guitars, ukulele, Portuguese 12-string guitar, nylon guitar, additional keyboards, orchestration
Hasse Fröberg / vocals, 12-string acoustic guitar
Zach Kamins / organ, pianos, synths, orchestration
Michael Stolt / bass, Moog Taurus, backing vocals
Jonas Reingold / fretted & fretless bass
Mirkko DeMaio / drums & percussion, additional orchestration

With:
Jonas Lindberg / bass
Rob Townsend / saxophones
Aliaksandr Yasinski / accordion
Jannica Lund / backing vocals Hasse Bruniusson / acoustic & electronic percussion

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