Livereport: IQ – Aschaffenburg, Colos Saal 27.-28.01.2023

IQ als allgemein anerkanntes Flagschiff des Neo Prog scheren mit ihren Konzerten seit Jahren aus dem ansonsten bei anderen Bands üblichen Prozeß des wochenlangen Tourens nach Album-Neuveröffentlichungen aus. Sie spielen zwar jährlich ca. 10 Shows, diese aber eher als Einzelkonzerte bzw. Ausflüge in ausgewählte Regionen. Das deutsche Publikum darf sich dabei glücklich schätzen, die Band in den Anfangsmonaten nahezu jeden Jahres in Aschaffenburg begrüßen zu dürfen.

Nachdem ein ursprünglich für 2021 geplantes Konzert aus üblichen Gründen zweimal verschoben werden musste, lassen es IQ im Januar 2023 richtig krachen: Es gibt erstmals im Colos Saal gleich zwei Konzerte an zwei aufeinanderfolgenden Tagen. Viele Fans nutzen dies, um ihr eigenes IQ Wochenende zu feiern und von überall aus dem Lande anzureisen, zumal für beide Abende unterschiedliche Setlists angekündigt sind. Das Ganze führt dazu, dass in nach wie vor schwierigen Zeiten für live Konzerte die Halle an beiden Abenden ausverkauft ist, erfreulich für den Veranstalter und die Band.

Die Stimmung ist großartig, der Saal proppevoll. Viele Fans kennen sich seit Jahren, feiern ihr Wiedersehen und die lange herbeigesehnten Auftritte ihrer Band. Bereits bei den ersten drei Tönen auf der Gitarre des ersten Songs “Widows Peak” gibt es Szenenapplaus. Was erstaunlich ist, denn der Song ist mit dem Album “The Wake” ganze 38 Jahre alt und bisher eher selten live gespielt worden. Im  Saal ist also eine Menge IQ-Fachpublikum anwesend, welches die Band schon ihr ganzes Leben kennt.

Hier am Anfang scheint sich die Band noch etwas finden zu müssen. Das Gefühl der Unsicherheit verfliegt ob der wunderbaren Atmosphäre aber schnell. Das Publikum macht Party (auch die in Aschaffenburg üblichen Luftballons und Luftschlangen muß besonders Mike Holmes wieder ertragen, aber dieses Jahr im tolerablen Bereich), was die Band lockerer macht. Am zweiten Abend am Sonnabend kommt das Ganze noch entspannter rüber, und das Konzert wird so als besser als das am Freitag empfunden. Verspieler von Neil Durant beispielsweise werden vom Publikum einfach weg gelacht. Der Ton und das Licht sind jenseits jeder Kritik, alles funktioniert super. Neu sind hier punktuell eingesetzte Laser, die eher dezent die Show unterstützen.

An sich sind IQ-Konzerte nichts wirklich spannendes. Wesentliche Überraschungen werden vom treuen Publikum auch nicht erwartet. Die drei nebeneinander angeordneten quadratischen Videowände sind Bestandteil der Show seit vielen Jahren. Mike Holmes am rechten Bühnenrand leitet zart ein toll eingespieltes Ensemble. Pete Nicholls am Mikrofon mit dem Charisma in seiner Erscheinung und seiner Stimme zieht die die Augen des Publikums auf sich. Tim Esau am Bass, Neil Durant an den Keyboards und Paul Cook an den Drums machen musikdienlich ihre Jobs. Das mit dem eingespielt sein ist sicher auch kein Zufall, denn abgesehen von der Position an den Keyboards hat sich nach Jahren personeller Unruhe seit nun schon 12 Jahren die Gründungsbesetzung von IQ wieder zusammen gefunden, die musikalische Differenzen be- und ihre Freundschaft wieder ausgegraben haben.

Was aber wirklich spannend ist sind die Setlists, die die Band für diese zwei Abende zusammengestellt haben. Und die haben es in sich. Am Freitag bilden die Alben “The Wake” und Subterranea” den Schwerpunkt der Show. Vielleicht das Highlight des Tages war das Abspielen des  lange nicht live gehörtem 20minütigen “The Narrow Margin”, was viele anwesende Fans motiviert haben dürfte, sich einmal wieder mit dem Konzeptwerk “Subterranea” (als Doppel-CD, live Album oder Spielfilm auch in deutscher Sprache) zu beschäftigen. Am Sonnabend werden ebenfalls viele frühe Werke gespielt (Songs von z.B. “Subterranea” fehlten hier aber völlig); hier wird aber die letzten beiden Alben “The Road Of Bones” und “Resistance” ein etwas größerer Rahmen zugestanden.

Überraschend sind diese Setlists mit dem Fehlen vieler neuerer Stücke deshalb, weil Konzerte mit Musik von “Resistance” (von vielen Fans als das beste Album der Bandgeschichte bewertet) aufgrund der Covid Situation bisher kaum live aufgeführt werden konnte. Allerdings fand unmittelbar vor der weltweiten Schließung der Konzertsäle im Januar 2020 an selber Stelle eine “Resistance”-Show statt, die später gestreamt und als DVD veröffentlicht wurde. Dies und das IQ-Heimspiel in Aschaffenburg wird wohl die Band dazu bewogen haben, diesmal eher ältere Stücke ihrer Diskografie zu präsentieren, in der Sicherheit, dass das anwesende Fachpublikum dies mit Begeisterung quittieren würde.

Auch 2023 wurden in Aschaffenburg rings ums Publikum Kameras gesichtet. Vielleicht werden diese beiden besonderen Konzerte ja irgendwann als Silberling oder im Netz präsentiert. Mit großer Freude quittierte das Publikum auch die Ankündigung von Pete Nocholls, im Februar 2024 wieder für zwei Konzerte nach Aschaffenburg zu kommen. “As long as you want to have us – we will come back”. Es ist also 42 Jahre nach ihrer Gründung weiter fest mit IQ zu rechnen.

Setlist Freitag 27.01.23

Widow’s Peak

Subterranea

Nostalgia

Falling Apart at the Seams

Stay Down

High Waters

The Narrow Margin

The Thousand Days

Leap of Faith

The Wake

Shallow Bay

The Road of Bones

Further Away

Encore:

No Love Lost

Encore 2:

Failsafe

Setlist Samstag 28.01.23

Outer Limits

The Darkest Hour

Stay Down

The Seventh House

Ten Million Demons

Shallow Bay

Frequency

The Magic Roundabout

Guiding Light

The Road of Bones

Until the End

Headlong

Encore:

It All Stops Here

Encore 2:

The Last Human Gateway (Middle Section)

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