Interview: The Gems – Aus der Not eine Tugend machen

Anfang 2023 hing der Haussegen bei der schwedischen All-Female Hardrock Band Thundermother so schief, dass die Bandchefin  Filippa Nässil die Sängerin Guernica Mancini feuerte. Drummerin Emlee Johansson und Bassistin Mona Lindgren waren damit nicht einverstanden und quittierten ebenfalls den Dienst. Die drei Damen gründeten daraufhin „The Gems“, die mittlerweile ihr Debütalbum „Phoenix“ veröffentlicht haben. Einen Tag vor diesem Ereignis sprach Renald Mienert mit Guernica und Emlee

Morgen erscheint euer Debüt. Da wird bestimmt groß gefeiert?

Emlee: Wir haben tatsächlich eine große Releaseparty in Stockholm und werden dort das ganze Album spielen, was sehr aufregend ist. Aber es gibt noch viel mehr zu feiern, denn morgen ist auch Guernicas Geburtstag.

War das Zufall?

Guernica: Nein, die Plattenfirma hat es vorgeschlagen. Ich war zunächst gar nicht so erfreut darüber, ich mag es, wenn ich meinen Geburtstag für mich habe. Aber wir hatten gute Gespräche, zumal Januar und Februar aus strategischer Sicht eine gute Zeit sind um ein Album zu veröffentlichen, vor allem, wenn es sich um eine neue Band handelt. Und zwei Dinge gleichzeitig zu feiern ist nie eine schlechte Idee.

Guernica, hat es dich damals eigentlich überrascht, dass nach deinem Rauswurf bei Thundermother auch Emlee und Mona ausgestiegen sind?

Guernica: Das ist eine gute Frage, aus der Perspektive habe ich das noch gar nicht betrachtet. Ich hatte damals ja gar keine Zeit, groß darüber nachzudenken, weil die beiden ihre Entscheidung ja so schnell getroffen haben, ich bin einfach nur sehr dankbar dafür. Ich so froh, dass ich Menschen wie die beiden in meinem Leben habe und dass es diese starke Band zwischen uns gibt. Hätte ich mehr Zeit gehabt, hätte ich ohnehin diese beiden gewählt, es war mein Traum und ich möchte mit Keinem anderen in einer Band spielen. Und am Ende hat es perfekt funktioniert.

Emlee,  Thundermother sind ja eine sehr erfolgreiche Band. War es da nicht ein großes Risiko die Band zu verlassen? Sie war ja etwas wie ein sicherer Hafen.

Emlee:  Es hat uns allen schon das Herz gebrochen. Aber der Fakt, dass Guernica hinter unserem Rücken gefeuert wurde, ohne dass wir ein Mitspracherecht hatten, hat alles kaputt gemacht. Keine Karriere hat einen Wert, wenn du dich nicht gut dabei fühlst. Aber ich wollte in keiner Band spielen ohne Guernica. Aber es war für uns alle ein hartes Jahr. Eigentlich wollten wir ja alle mit Thundermother weiter machen und die Karriere fortsetzen, aber wir mussten umdenken. Und jetzt sind wir zusammen auf einem guten Weg.

Ist eure Vergangenheit mit Thundermother eigentlich ein Vorteil oder auch einer Last?

Guernica: Es ist schon ein Vorteil. Unsere Vergangenheit, unsere Lebensläufe wenn du so willst, eröffnen uns jetzt natürlich neue Möglichkeiten. Die Leute wissen was wir können und was wir erreicht haben und sind daher natürlich eher bereit, uns eine Chance zu geben – so wie Napalm Records oder auch die zwei Booking Agenturen mit denen wir arbeiten, die auch sehr etabliert sind. Das ist ein Vorteil, den wir gegenüber anderen neuen Bands haben, aber es ist ja auch etwas, wofür wir hart gearbeitet haben und das sich jetzt bezahlt macht. Abe ich hoffe letztendlich, nicht mehr so viel über Thundermother reden zu müssen. Das ist Teil unserer Vergangenheit und wir sind stolz auf das, was wir erreicht haben und wie wir auch als Persönlichkeiten gewachsen sind. Aber das Kapitel ist abgeschlossen und jetzt haben wir ein neues geöffnet und wollen sehen, wie weit wir hier kommen. Wir haben noch viele gemeinsame Träume, die wir uns erfüllen wollen.

Die Songs auf „Phoenix“ haben einen sehr persönlichen Charakter!

Emlee: Ja, wir haben uns wirklich von dem inspirieren lassen, was im letzten Jahr passiert ist. Wir haben das gebraucht, es war wie eine Therapie, Songs darüber zu schreiben. Wenn man das Album vom Anfang bis zum Ende hört, dann spiegeln sich in der Reihenfolge der Songs auch die Gefühle wieder, die wir nacheinander durchlaufen haben. Am Anfang waren wir sehr zornig, dann folgte eine eher traurige Phase und zum Schluss wird es dann fröhlicher. Aber auch in den zornigen und traurigen Songs wollten wir immer eine positive Botschaft übermitteln. Wir haben uns immer gesagt, glaube an dich, gib nie auf, gib dir selbst die Kraft. Wenn Leute durch eine schwere Zeit gehen und unsere Musik hören und daraus Kraft schöpfen, das ist wunderbar.

Guernica, du hattest ja vor einiger Zeit auch ein Soloalbum angekündigt, eine erste Single veröffentlicht. Wie geht es damit weiter?

Guernica: Ganz ehrlich, ich liebe es, in einer Band zu sein. Was immer auch jemand sagt, der mich nicht wirklich kennt, ich bin ein kompletter Teamplayer. Ich mag es, in Gruppen zu arbeiten, ich weiß, es ist manchmal schwierig – schließlich hatte ich die schwierigste Zeit in meiner letzten Band – aber ich liebe diesen Teamgeist.  Wenn du in der Wacken auf der Bühne stehst und gemeinsam diese Momente erlebst. Aber ich habe meine Solopläne nicht aufgegeben. Ich habe viele Songs geschrieben, die ich solo veröffentlichen möchte, eher etwas poppiger, was ich aber auch liebe. Sie sind etwas in den Hintergrund getreten, jetzt geht es darum unser Baby „The Gems“ groß werden zu lassen.

Wie hat das Songwriting funktioniert?

Emlee: Es war sehr viel Teamwork. Wir haben auch mit einigen Songwritern gearbeitet und auch unser Produzent hat etwas dazu beigetragen. „Running“ zum Beispiel hatte Guernica ursprünglich für ihr Soloalbum geschrieben und wir haben es sozsagen  für „gemified“ . Auch wenn immer eine Person die Ausgangsidee hatte, am finalen Song haben wir alle gearbeitet. Wir haben alle unterschiedliche Stärken und brauchen uns alle drei um die Songs so gut wie möglich zu machen.

Guernica:  Emlee hat zum Beispiel den Song „Like A Phoenix“ zusammen mit unserem Produzenten geschrieben. Sie hatte die Idee schon als wir noch bei Thundermother waren, aber dort wurde der Song abgelehnt – zum Glück. Wir haben dann die Texte umgeschrieben, dass sie zu unserer aktuellen Situation passten.

Natürlich gibt es, schon durch den Gesang von Guernica bedingt, immer noch Ähnlichkeiten zu Thundermother, aber es gibt auch deutliche Unterschiede.

Emlee: Das war ein natürlicher Prozess. Mona war nur zwei Jahre in Thundermother und hat nicht wirklich eine Rolle im Songwriting gespielt. Jetzt ist sie ein gleichwertiges Mitglied und das führt zwangsläufig zu einem anderen Sound. Wir haben uns auch bewusst entscheiden, die AC/DC – Einflüsse zurückzuschrauben. Wir wollen nicht in einen Wettbewerb mit unsere alten Band treten, und haben unsere eigenen Vorlieben. Sie können gerne so weitermachen, wenn sie wollen. Wir mögen AC/DC, aber es gibt Bands, die wir mehr mögen.

Ihr agiert ja offiziell als Trio, Mona, die bei Thundermother Bass spielte, hat jetzt auch den Part der Gitarristin übernommen. Warum habt ihr euch gegen ein viertes Bandmitglied entschieden?

Guernica:  Mona spielt ja sehr gut sowohl Gitarre als auch Bass. Die Dynamik zwischen uns dreien ist so perfekt, dass es sich nicht gut angefühlt hätte, ein viertes Mitglied in die Band zu holen, erst recht nicht nach dem, was wir alles durchgemacht haben.

Auf der Bühne muss dann also ein Gastmusiker aushelfen?

2023 hatten wir die Situation, dass wir oft sehr kurzfristig gebucht wurden und verschiedene Leute ausprobiert haben. Es war eine interessante Erfahrung, unser Traum ist es aber, einen oder zwei feste Gastmusiker zu haben.

Das werden die Fans hoffentlich bald Live erfahren!

Emlee: Es ist noch nichts offiziell. Viele Leute wollten vielleicht auch erst das Album abwarten, bevor sie uns buchen, wir müssen also geduldig sein. Wir hoffen im Frühjahr in Skandinavien zu spielen, dann einige Festivals im Sommer und hoffentlich eine große Tour durch Europa im Herbst.

Wir freuen uns darauf!

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