Die Christuskirche in Bochum – was für ein festlicher Ort an diesem zweiten Advent! Und viele kamen aus nah und fern. Auch wenn die Kirche nicht ausverkauft schien, so war sie doch zu gut 90% gefüllt. Und die restlichen 10% der Tickets wären sicherlich auch noch weggegangen, wenn – ja wenn nicht Steve ‚h‘ Hogarth da auf der Bühne gestanden hätte. An seiner Art zu singen scheiden sich nämlich die Geister. Wenn er seine Stimme in eigentlich unerreichbare Höhen steigen lässt, die Vokale lang und länger zieht oder mit weinerlicher Stimme singt – da ist nicht jeder begeistert. An diesem Abend aber waren die Anwesenden gekommen, um ihrem Idol zu huldigen. Und der Meister gab ihnen eine Menge Anlass dazu.
Fast pünktlich betrat Hogarth die Bühne und nahm Platz hinter seinem Keyboard. Das war die gesamte musikalische Besetzung am ersten Teil des Abends (später kam noch eine rhythmische Begleitung vom Laptop hinzu). Aber zuerst ging es nicht um Musik. Hogarth bewies bei seiner Ansprache ans Publikum Humor, ließ Fragen zu (z.B. nach der etwas gewöhnungsbedürftig neuen Farbwahl seiner Haare) und zeigte sich dabei ebenso aufgeschlossen wie sympathisch.
Nach etwa 10 Minuten ging er dann zum eigentlichen Grund seines Hierseins über, nämlich der Musik, und eröffnete mit den drei Marillion-Stücken Seasons End, Sugar Mice und Easter. Diese klangen bei ihm natürlich anders als die Studioversionen, schräger ebenso wie eindringlicher. Und da Vorweihnachtszeit war, folgte das Cover Have Yourself a Merry Little Christmas. Den Rest des ersten Teils bestritt Hogarth mit weiteren Marillion-Stücken, unter denen Neverland herausragte. Das Publikum hatte er dabei vollständig auf seiner Seite.
Nach einer halbstündigen Pause wurde es noch vorweihnachtlicher. Zum zweiten Stück House durften die Anwesenden (Elektro-)Kerzenlichter einschalten und diese schwenken, was den festlichen Eindruck in der Kirche deutlich erhöhte. In diesem zweiten Teil des Konzerts intonierte Hogarth dann auch Stücke aus seiner Vergangenheit jenseits von Marillion.
Er beendete diesen Teil des Sets jedoch wieder mit dem Marillion-Song White Paper. Die Zugabe bestand aus vier Stücken, wobei die letzten beiden die prächtige Stimmung im Saal noch einmal auf die Spitze trieben. An Three Minute Boy schloss sich nahtlos Hey Jude von den Beatles an, was von nahezu allen Anwesenden aus vollem Hals mitgesungen wurde. Und zum guten Schluss erklang tatsächlich Stille Nacht, heilige Nacht, auf Deutsch gesungen von Mr. Hogarth himself, zusammen mit dem Publikum. Der Applaus wollte hiernach nicht enden.
Nach Konzertende kam Steve Hogarth im Handumdrehen zum Merch-Stand, schrieb Autogramme am laufenden Meter und ließ sich bestens gelaunt mit seinen Fans ablichten. Hier war das enge und vorbildliche Verhältnis mit Händen zu greifen, das dieser Mann zu seinen Fans pflegt, und das von diesen mit Begeisterung quittiert wurde. Ein besonderer Dank gebührt dem deutschen Marillion Fanclub „The Web Germany“, der dieses beeindruckende Konzert organisiert hat.
Setlist:
Seasons End
Sugar Mice
Easter
Have Yourself a Merry Little Christmas
The Party
No One Can
Beautiful
Neverland
The Crow and the Nightingale
Pause
Cage
House
The Deep Water
Really Like
Acid Rain
Nothing to Declare
Thank you Whoever You Are
Hallelujah (Leonard Cohen Cover)
Estonia
Dry Land
White Paper
Zugaben
Waiting to Happen
Three Minute Boy
Hey Jude (The Beatles Cover)
Stille Nacht, Heilige Nacht
Text: Rolf Schneider | Bilder: Bodo Kubatzki