Livereport: Manfred Mann’s Earthband – Plauen, Malzhaus, 09.08.2025

Eine häufig etwas unter dem Radar laufende klassische Prog-Band gibt sich die Ehre, auch im Jahr 2025 in der Region zu gastieren. Unter dem Radar vielleicht auch deshalb, weil die bekanntesten Stücke der Manfred Mann’s Earthband stets Coverversionen waren. Diese sind aber immer so gut neu arrangiert, dass sie seit Jahrzehnten als eigenständige Werke der Band stehen. Manfred Mann ist als Popsänger bereits seit 1962 (!) aktiv, die ersten Schritte mit seiner Earthband machte er erst 10 Jahre später.

Ich selbst bin in den 70ern mit Manfred Mann’s Earthband groß geworden. Die Verspieltheit um tolle Kompositionen herum hat meinen Musik-Geschmack, der später Prog als seine Heimat bezeichnen wird, früh und entscheidend mitgeformt. Lange Jahre habe ich die Kapelle nicht live sehen können, sodass heute für mich die Reise ins westsächsische Plauen eine persönliche Pflichtveranstaltung ist.

Das Malzhaus ist eine klasse Location am Rande der Plauener Innenstadt. Eine Konzertstätte mit großer Geschichte. Eine steinerne Tafel am Eingang zeugt beispielsweise davon, dass Rio Reiser hier etwa drei Monate vor seinem Tod am 24. Mai 1996 sein letztes Konzert gegeben hat. Wir gehen auf ein historisches altes Gebäude zu, durchschreiten nach dem Einlass ein steinernes Tor und gelangen auf das kompakte, gemütliche Open-Air-Gelände, den heutigen Veranstaltungsort. Die Getränkeversorgung geht trotz der Schlange sehr zügig, eine Treppe tiefer gibt es einen Barbereich für ruhigere Gespräche. Eine herausragende Location! Keine nervige Taschenkontrolle am Einlass. Das Getränkeangebot in echten Gläsern. Wo gibt’s das heute noch? Ein extra Lob geht an dieser Stelle an das Malzhaus-Team für diese besondere Veranstaltungskultur, die leider vielfach verloren gegangen ist.

Pünktlich um 20 Uhr wird es unter den Leuten neben uns unruhig. Manfred Mann und seine Jungs durchschreiten das Publikum! Aufgrund der lokalen Gegebenheiten gibt es keinen klassischen Backstagebereich, die Band muss diesen Weg zur Bühne nehmen. Okay, Jungs ist gut gesagt … die Jüngsten sind sie alle nicht mehr. Allen voran der Namensgeber der Band. Manfred Mann ist Baujahr 1940, also aktuell 85 Jahre alt! Was man ihm nicht mal wirklich ansieht. Wenn man sich so das Alter unserer in den letzten Jahren verstorbenen Helden ansieht … Damit gibt er eine kräftige Bewerbung für den Thron des ältesten noch aktiv spielenden Prog-Musikers ab. Okay, sein Schritt scheint nicht mehr der sicherste zu sein, aber seine herrlich schmierigen Keyboard-Solos sind noch die alten; und er spielt diese auch noch höchstselbst. Was er mit seinen 85 Jahren auf seinem Minimoog noch drauf hat, ist immer noch so genial wie in den 70ern. Bei eher freien Abschnitten dirigiert er, gibt Einsätze vor. Man muss man den ansonsten eher zurückhaltenden Keyboarder mit dem seit Jahrzehnten gefühlt festgewachsenen Cowboyhut auf der Bühne beinahe suchen; seine Keyboard-Burg ist rechts hinter der Band postiert.

Los geht der Reigen mit dem mir unbekannten Bluesrock-Stück „Captain Bobby Stout“. Es sollte mit „Stronger Than Me“ nur noch ein weiterer mir fremder Song folgen, sonst hören wir nur die Hits der Manfred Mann’s Earthband am laufenden Band. Die seit der Kindheit vertrauten Stücke werden aber eher in einem Klassik-Rock-Gewand aufgeführt, weshalb sie weniger von Keyboards geprägt wirken als die bekannten Versionen. Erkennbar bleiben die Stücke dabei aber schon. Das werden manche Prog-Fans vielleicht nicht unbedingt mögen, jedoch verleiht das den Stücken neues Leben und viel Musikalität.

Einige Beispiele: „You Angel You“ beginnt rein akustisch. Der bekannte Klangteppich im Intro von „Father of Day, Father of Night“ wird durch ein spannendes Gitarren-Solo von Mick Rogers ersetzt, in welchem er auch Zitate anderer Welthits anklingen lässt. Im weiteren Verlauf des Stückes ist die Gesangslinie eine völlig andere als im über 50 Jahre alten Original, obwohl dieses von Mick Rogers, also dem gleichen Sänger wie damals, präsentiert wird. Diese frische Art, die Stücke zu präsentieren, sorgt meiner Ansicht nach dafür, dass die Band sich mit dieser an den Tag gelegten Variabilität und Spielfreude am Leben erhält, im Herzen jung bleibt und die Kraft findet, seit Jahren permanent zu touren.

Dem Publikum gefällt’s, die Band und die Musik werden gefeiert. Reichlich 500 Besucher sind heute vor Ort. Für die Party sorgen der Chefsänger Robert Hart sowie James Steward an der Keytar. Steve Kinch und John Lingwood brillieren durch solide Rhythmusarbeit – die musikalische Achse bilden aber ganz klar Mick Rogers und Manfred Mann. In den Stücken wird viel improvisiert, Manfred Manns Keyboard-Solos sind für Nostalgiker zum Dahinschmelzen.

Bei „Blinded By The Light“ legt der Meister seine Zurückhaltung ab, kommt nach vorne und singt den Mittelteil höchstselbst ins Mikrofon. Im Zugabenteil (die Band ist aus anfangs beschriebenen Gründen gleich auf der Bühne geblieben) wird überraschend der Oldie „Do Wah Diddy“ präsentiert, der tief aus den 60ern stammt, aus den Solo-Zeiten von Manfred Mann noch weit vor der Earthband. Diesen lässt der Meister aber heute von Robert Hart singen. Und vom Publikum. Denn das hat die Manfred Mann’s Earthband schon längst um den Finger gewickelt.

Gänsehaut auch unmittelbar davor, als der Schluss von „Davy’s On The Road Again“ alleine vom Publikum gesungen wird, genau wie auf der Albumversion von 1978. Ein wunderschöner Konzertabend geht schnell zu Ende. Nach 90 Minuten inklusive der zwei Zugabenstücke ist Schluss. Wohl jeder im Publikum sieht diese eher kurze Konzertdauer den betagten Herren nach. Die Reise geht weiter, die nächsten Konzerte der Manfred Mann’s Earthband für 2026 sind angekündigt. Allen Interessenten sei ein Besuch eines dieser Konzerte ans Herz gelegt, bevor es zu spät ist.

Setlist

Captain Bobby Stout

Don´t Kill it Carol

Marthas Madman

Stronger Than Me

You Angel You

Guitar Solo (Medley)

Father Of Day Father Of Night

For You

Blinded By The Light

Davy´s On The Road Again

Zugaben

Do Wah Diddy

Mighty Quinn

Manfred Mann´s Earthband 2025

Manfred Mann (keyb)

Mick Rodgers (git, voc) 1971-1975, seit 1983

Steve Kinch (bg) seit 1991

John Lingwood (dr) 1979-1987, seit 2016

Robert Hart (voc), seit 2011

James Steward (keytar), 2025

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