Livereport: The Flower Kings, Frannz Club Berlin, 5. Oktober 2023

Die aktuell sehr umtriebigen FLOWER KINGS geben heute im Rahmen ihrer großen Herbsttournee 2023 gleich ihr 2. Konzert in schicken Frannz Club in der Berliner Kulturbrauerei. Die schwedischen Retro-Prog-Urgesteine lassen es bei dieser Europa-Tour richtig krachen: 21 Termine stehen an, darunter gleich sieben in deutschen Landen. In Zeiten, wo es zunehmend schwieriger wird, Live-Tourneen zu organisieren und zu finanzieren, ist dies für eine nach wie vor eher kleine Band wie die FLOWER KINGS schon mutig und bemerkenswert. Bereits 2022 nach den Auftritten auf der „Cruise To The Edge“ war eine EU-Herbst-Tour angekündigt, die aber nicht zustande kam. Dafür wollen sie es offenbar diesmal wirklich wissen.

Nach den Fan-Tagen 2023 in den Niederlanden, Deutschland und zuletzt in Schweden inklusive dortiger Albumpräsentation mit ersten Aufführungen von neuen Songs von „Look At You Now“ (eine Rezension des Werkes ist hier auf den STONE PROG Seiten zu finden) war man besonders auf die Setlist neugierig, denn beispielsweise wurde von den Songs der beiden Vorgänger-Alben „Islands“ (2020) und „By Royal Decree“ (2022) bisher noch keiner live aufgeführt. Anstatt dessen konzentrierte man sich bei Konzertaktivitäten in letzter Zeit eher auf altes Material aus der Hoch-Zeit der Band, den 90er Jahren. Schließlich will man aus Anlass der schrittweisen Re-Releases aller Alben der Band (ist aktuell noch nicht vollständig abgeschlossen) den Band-Klassikern auch live Ehre erweisen. Selbst wenn es vier Songs des neuen Albums auf die Setlist 2023 geschafft haben, war das auch diesmal der Fall.

Ein weiteres spannendes Momentum dieser FLOWER KINGS Tour ist die Besetzung der Position an den Keyboards. Diese belegt aktuell ein langjähriger Freund der Band, Lalle Larsson, der als einer der besten Keyboarder der Szene gehandelt wird. Er gestaltete schon viele musikalische Projekte gemeinsam mit Roine Stolt und spielte auch schon Solo im Vorprogramm der Band, war aber noch nie als Keyboarder der FLOWER KINGS angestellt. So gibt es heute an einigen Stellen, bei vertrauten Songs neue Klangfarben, beispielsweise dem Intro von „Big Puzzle“ oder dem Schlussteil von „Scars“, wo sich Lalle Larsson und Roine Stolt ein kleines Keyboard-Gitarren-Duell liefern.

Der geneigte Fan horcht auf, als sich im monumentalen Band-Klassiker „Stardust We Are“ (der wieder in seiner vollen 25 minütigen Schönheit präsentiert wird) ein neuer Heavy-Part im 9/8-Mittelteil auf tut. Eine tolle Wahl ist das „Flower Power Medley“, welches so erstmals auf dieser Tour zu hören ist. Lalle Larsson sagt uns nach dem Konzert, dass er auch 2024 bei allen Live-Aktivitäten (bisher ist nur die Teilnahme an der „Cruise To The Edge“ in Florida fix) an den Keyboards der Band eingeplant ist. Eine Überraschung gibt es bei ausgewählten wenigen Konzerten, wenn Aliaksandr Yasinski die Bühne betritt und die FLOWER KINGS bei zwei Songs auf dem Akkordeon begleitet. In Berlin war das leider nicht der Fall.

Im Sound vernehmen wir heute vereinzelt Schwächen besonders bei Roine´s Stimme und den Keyboards, die wir uns manchmal weiter vorne abgemischt gewünscht hätten. Die Scheinwerfer strahlen gleichförmig; eine Lichtshow wird aber auch nicht wirklich vermisst. Es sind ca. 100-150 Gäste zugegen, grundsätzlich ist dies für den Frannz Club ok. Die Leute machen aber nach den Songs richtig Krach, so dass sich die Band in Statements nach dem Konzert sehr zufrieden mit dem Publikum zeigt. Eine Zugabe ist wirklich vorgesehen, denn die Band ist nach langer Anreise aus Kopenhagen, inklusive Fährüberfahrt, und einem für Rocker ungewohnt frühem Aufstehen hier in Berlin ziemlich geschafft. Offenbar war aber die Resonanz motivierend: eine kurze Absprache auf der Bühne, bevor mit dem krachenden „Paradox Hotel“ der musikalische Abend zu Ende geht.

Wir fahren nach den reichlich zwei Stunden insgesamt erstklassiger Präsentation von sinfonischer Progressive Rock Musik zufrieden nach Hause. Man kann den FLOWER KINGS nur wünschen, dass das Konzept einerseits der vielen Konzerte, andererseits kostensparend mit kleinem Bus durch Europa zu reisen, kaufmännisch funktioniert und ihnen von anwesendem Fachpublikum weiter ordentlich Begeisterung entgegen schlägt, so dass die Umtriebigkeit von Roine Stolt und seinen befreundeten Bandkollegen noch lange erhalten bleibt.