Review: AVKRVST – Waving At The Sky (2025)

Gerade einmal zwei Jahre ist es her, dass in Progger-Kreisen Kinnladen herunter klappten, sich Gehörgänge weiteten und sich die Frage stellte „Wie wird das ausgesprochen?“ Die norwegische Band Avkrvst hatte gerade ihr Debütalbum „The Approbation“ herausgebracht und die Welt des Progs stand Kopf.

Da die fünf jungen Norweger die Klasse ihrer Aufnahmen auch auf der Bühne bestätigen konnten (z.B. auf dem Midwinter Prog Festival in Utrecht), war man gespannt auf das Folgewerk. Hierzu hatten sich zum Komponieren die beiden Köpfe der Band, Simon D. Bergseth und Martin Utby, wie schon vor dem ersten Mal in ihre Holzhütte abseits des großen Rummels zurückgezogen und dabei das neue Werk „Waving At The Sky“ entstehen lassen, das nun vorliegt.

Tracklist:

1. Preceding (3:14)
2. The Trauma (5:17)
3. Families Are Forever (7:49)
4. Conflating Memories (6:59)
5. The Malevolent (3:25)
6. Ghosts Of Yesteryear (6:17)
7. Waving At The Sky (12:19)

Wie schon beim Erstling liefert ein realer Fall von mehrfachem Kindesmissbrauch in zwei Familien das textliche Gerüst dieses Albums und damit auch das Stimmungsbild, das hier musikalisch wiedergegeben wird. Gleich der instrumentale Anfang „The Preceding“ wirkt düster und energiegeladen, wobei der Bassgitarre ein größeres Gewicht als im Debütalbum eingeräumt wird, was Leadsänger und Multiinstrumentalist Bergseth weidlich ausnutzt. Die Wucht des Openers wird eins zu eins an das Folgestück „The Trauma“ weitergegeben. Hier setzt nach einem langen Intro Bergseth als Sänger ein. Sein Gesang besitzt die Eigenart, dass er die Worte der Texte lang zieht und somit eine bemerkenswerte klangliche Harmonie mit den Gitarren herstellt, was schon im Debütalbum ein Erkennungsmerkmal für Avkrvst darstellte.

Insbesondere Bass und Drums steigern sich zu einem Metal-Feuerwerk, in das – auch das Band-typisch – Growls eingefügt werden, die für die textliche Dramaturgie ihre Berechtigung haben, musikalisch aber eher schwer verdaulich sind. Waren bisher eher harte Rhythmen angesagt, so wird es mit dem dritten Stück „Families Are Forever“ harmonischer. Erstmals erklingen melodische Passagen, in die wiederum Growls eingepasst sind.

Sehr schön ist insbesondere das atmosphärische Finale dieses abwechslungsreichen Stücks gelungen. Nach einem Mix aus harmonischen und progmetallischen Passagen in „Conflating Memories“ schließt sich das bereits vorab im Netz veröffentlichte „The Malevolent“ an, auf dem Ross Jennings einen seiner in letzter Zeit zahlreichen Gastauftritte hat. Prägend für dieses Stück sind disharmonische Sequenzen, denen Jennings Stimme allerdings keine Krone aufsetzen kann. „Ghosts of Yesteryear“ wartet mit harschen Rhythmuswechseln auf, wie Sprünge vom Dach einer Fabrikhalle direkt auf eine Sommerwiese und zurück. Das muss man sich auch erst einmal trauen zu komponieren!

Und somit verbleibt das abschließende, 12 Minuten lange Titelstück, das – auch dies Avkrvst-typisch – das Zeug zum großen Finale hat, ähnlich wie beim Debütalbum das grandiose „The Approbation“. Leider kommt es aber nicht an die Erhabenheit des Vorgängers heran. Klänge von Akustikgitarren, dann wieder sich oftmals wiederholende, schleppend-metallische E-Gitarrenklänge, wenig Überraschendes – wenigstens das melodiöse 4-minütige Finale klingt versöhnlich. Leider endet dieses jedoch mit einer langen Ausblende, bei der ich an den Kommentar meiner früheren Musiklehrerin zu musikalischen Ausblenden denken musste: „Da ist ihnen nichts mehr eingefallen.“

Im Fazit ist „Waving At The Sky“ ein Album, das mich nur streckenweise überzeugt und das an das Debüt von Avkrvst nicht heranreicht.

Musiker:

Simon D. Bergseth – Vocals, Guitars, Keyboards, Bass
Martin Utby – Drums, Keyboards, Vocals
Øystein H. Aadland – Keyboards
Edvard Seim – Guitars
Auver Gaaren – Keyboards

Gäste:

Ingeborg Utby – Flute on „Conflating Memories“
Ross Jennings – Vocals on „The Malevolent“

Please follow and like us:
Facebook
Instagram
TWITTER
YOUTUBE
Copyright © 2025 | STONE PROG | Die Welt des Progressive Rock