Lange hat man nichts von Echolyn gehört, doch nach fast zehn Jahren Pause melden sich die Amerikaner gleich mit zwei Alben, nämlich „Time Silent Radio II“ und „Time Silent Radio Vii“ zurück. Mit Brett Kull, Ray Weston und Chris Buzby standen Renald Mienert gleich drei Bandmitglieder Rede und Antwort, und Produzent Glenn Morgenstern, der schon das Debüt „As The World“ von 1995 betreut hatte, war auch mit von der Partie.
Warum habt ihr euch entschieden, zwei Alben parallel zu veröffentlichen?
Brett: Das liegt an der Länge des Materials. Es sind etwa neunzig Minuten an Musik. Auch wenn die Lieder zur gleichen Zeit entstanden sind, glauben wir, dass das Material so zugänglicher ist. Die Leute können zwei Alben zu etwa fünfundvierzig Minuten hören.
Chris: Als wären es zwei Kapitel eines Buches.
Aber ihr betrachtet es nicht als Doppelalbum?
Brett: Als zwei separate Alben.

Ihr habt ja zur finanziellen Unterstützung der Produktion eine Crowdfunding-Aktion gestartet. Das dabei gesteckte Ziel wurde aber nicht erreicht. Wart ihr sehr enttäuscht?
Brett: Wir waren tatsächlich enttäuscht. Wir hatten keine Idee, wie viele Leute uns unterstützen würden. Wir konnten wenigsten einige der Basisausgaben für das Album decken und das finanzielle Risiko minimieren. Immerhin hat es am Ende mit dem Album funktioniert.
Chris: Es ist ja auch neun Jahre her seit unserem letzten Album. Streaming hat alles verändert. Die Leute kaufen kaum noch CDs. Vinyl ist wieder im Kommen. Wir sind also eine Art Lernkurve durchlaufen und gingen quasi zu Plan B, denn wir wollten diese Musik unbedingt veröffentlichen.
Auf einem der beiden Alben sind nur zwei Longtracks, auf dem anderen kürzere Stücke.
Brett: Wir hätten sie mischen können. Aber wir haben ja die Longtracks nur zum Download, nicht zum Streamen angeboten. Das war einer der Gründe.
Man erkennt zwar immer noch deutlich, dass hier Echolyn am Werk sind, aber tatsächlich greifen die üblichen Schubladen wie Retro oder Neoprog nicht.
Glenn Rosenstein: Ich wurde relativ spät eingebunden. Aber die Grundlage unsere gemeinsamen Herangehens war, was nützt dem Song, keine Marketingüberlegungen. Es war eine organische Entwicklung, und eine gewisse Komplexität war schon immer ein Kennzeichen für Echolyn. Ich bin nicht Teil der Band, aber ich ziehe meinen Hut vor dieser Musik. Allein, dass solche Fragen gestellt werden, zeigt ja, dass hier ein Interesse geweckt wird. Ich kann es nur als Post-Progressive bezeichnen. Natürlich hört man die Einflüsse aus der Vergangenheit.

Zwischen dem letzten und dem aktuellen Album lag ja auch die Coronazeit. Habt ihr daran gedacht, aufzuhören?
Ray: Während der Pandemie konnten wir uns nicht treffen und keine Musik zusammen schreiben. Dazu kamen verschiedene persönliche Probleme, gerade Chris hatte große Sorgen.
Chris : Bei mir wurde Prostatakrebs festgestellt. Das war noch vor der Pandemie. Wir steckten schon mitten in der Arbeit für das Album. Ich sagte, ich brauche eine OP, danach muss ich mich erholen. Aber wir sind in erster Linie Freunde und erst dann Musiker. Aber unsere Musik macht uns auch zu Freunden und wir stehen das zusammen durch. Aber wir haben nicht aufgegeben. Die einzige offene Frage war, ist das noch Echolyn. Brett und ich begannen zunächst an den Songs zu arbeiten und holten dann Ray dazu. Und die Musik fühlte sich sehr stark nach Echoly an. Aber wir brauchten einen neuen Drummer.
Den habt ihr dann in Jordan Perlson gefunden…
Chris: Jordan hat schon drei Songs auf „Cowboys Poems For Free“ gespielt. Er lebt jetzt in Nashville, nicht weit von Glenn und ist ein professioneller Sessiondrummer. Wir sind immer in Kontakt geblieben. Als wir ihn fragten und er dir Songs einspielte war klar, das ist Echolyn. Sagen wir, Version 3.0.
Was hat es eigentlich mit den beiden Albentiteln auf sich? Time Silent Radio II und Time Silent Radio vii?
Chris: Die zwei und die sieben beziehen sich auf Akkorde, Minor Seven Chord , Major Two Chord. Und natürlich gibt es auch den Zusammenhang mit der Anzahl der Songs auf den beiden Alben. Wir lieben es, Musik zu schreiben voller ungewohnter Akkorde. Wir lieben Akkordfolgen, von denen die Leute sagen, sowas haben wir noch nie gehört. Dann haben wir unser Ziel erreicht. Wir wollen nicht das gleiche wieder und wieder tun.


Ihr habt ja schon auf die veränderte Medienlandschaft seit dem letzten Album hingewiesen.
Brett: Ich wünsche mir, all diese neuen Medien hätten es schon zwischen 1989 und 1995 gegeben, als wir uns nur um Echolyn gekümmert haben. Diese Möglichkeiten um Leute zu erreichen in Verbindung mit der Anzahl an Gigs, die wir spielten. Der Aufwand damals mit den Newslettern … Aber mittlerweile haben wir alle auch andere Sachen, die wir machen, und ich hoffe, unsere Musik bekommt die Aufmerksamkeit, die sie verdient.
Hat sich an eurer Arbeitsweise etwas geändert?
Brett: Die Leidenschaft ist die gleiche. Alle Alben die wir gemacht haben, sind unterschiedlich entstanden. Ob in meinem Studio, oder in Glenns Studio oder Live in einem Studio eingespielt.
Chris: Die größte Herausforderung bei diesem Album war die Entfernung und die Zeit. Der Begriff Zeit kommt ja auch in den Albumtiteln vor und es gibt einen Song „Time has no Place“, das Thema als Band älter zu werden. Man kann die Zeit nicht ignorieren.

Wie kam es eigentlich zur erneuten Arbeit mit Glenn?
Glenn: Ich habe sie angefleht!
Brett: Ich hatte etwas Probleme mit dem Mix und Glenn war dankenswerterweise so nett, es zu versuchen. Und es hat unglaublich gut funktioniert. Außerdem ist es so ein glücklicher Zufall, nach dreißig Jahren wieder zusammen zu arbeiten.
Wie war das denn damals?
Glenn: Ich hatte eine wirklich gute Zeit als ich an „As The World“ gearbeitet habe. Es war auch ein Meilenstein in meiner Karriere. Es mag Schwierigkeiten im Business gegeben haben, wenn eine Band bei einem Major Label ist, aber nicht die Aufmerksamkeit bekommt, die sie benötigt. Aber es gab nie Probleme zwischen mir und der Band. Natürlich haben wir damals auf einen größeren Erfolg gehofft. Aber ich habe mittlerweile an über dreihundert Alben gearbeitet und bei jedem hofft man das. Der Verantwortliche bei der Plattenfirma meinte, Glenn, wir machen wahrscheinlich keinen Diamanten, aber wie werden so viel Spaß haben, wie nie zuvor. Aber aus meiner Sicht hat „As The World“ den Test der Zeit bestanden. Und jetzt brachten wie schließlich vier mal dreißig Jahre Erfahrung in die neue Zusammenarbeit ein. Und hoffentlich dauert es nicht wieder dreißg Jahre!
Chris: Und Glenn war ja auch der erste außerhalb der Band, der uns sagte, dass wie gute Songs geschrieben haben. Er gab uns nicht nur einen, sondern zwei Daumen nach oben!
Wir auch!
