Am 29. April 2022 veröffentlicht der 18jährige Sammy Wahland unter dem Namen SAMMARY mit „Monochrome“ ein bemerkenswertes Album, welches er komplett allein kreiert und im Wesentlichen auch alleine eingespielt hat. Der Stil, der hier an den Tag gelegt wird, ist von durchstrukturiertem intelligenten progressive Rock geprägt. Man kann sogar bereits Ansätze eines eigenen Stils erkennen.
Im Exklusiv-Interview für STONE PROG begegnete uns ein sympathischer und intelligenter junger Mann, der mit beiden Beinen im Leben steht. Er erzählt von seinem Album, von seinem Leben und von seiner Sicht auf die Prog- und Musikszene. Hier das Interview.
STONE PROG: Hallo Sammy, wie geht es Dir im Frühherbst 2022 nach der Veröffentlichung Deines ersten Albums?
SAMMY WAHLAND: Sehr gut! Es hat sehr sehr viel Spaß gemacht bis zum jetzigen Punkt. Ich bzw. wir haben viel Lust auf kommende Projekte, besonders live zu spielen. Denn so viele live-Auftritte hatten wir dieses Jahr nicht.
STONE PROG: Du hast schon live gespielt?
SAMMY WAHLAND: Ja, einmal in Worms, dann hatten wir unsere Theateraufführungen. Der Auftritt in Mainz wurde leider wegen Wetter gecancelt.
STONE PROG: Dein Album „Monochrome“ ist in der Prog Szene schon ein bißchen eingeschlagen wie eine Bombe. Wenn man liest das so ein junger Kerl wie Du ein solches Album im Alleingang einspielt, dann tun sich schon vergleichende Namen wie Philip Nespital (SMALLTAPE) oder sogar Mike Oldfield auf. Letzterer hat ja als 19jähriger sein bahnbrechendes „Tubular Bells“ auch im Alleingang eingespielt. Sind die Resonanzen entsprechend auch bei Dir angekommen?
SAMMY WAHLAND: Klar, und ich war sehr erfreut! Das mit dem Album ist irgendwie so passiert. Ich hab mich nicht hingesetzt und gesagt: ich mache jetzt ein Album und spiele das alles selbst ein. Durch Corona hatte ich Zeit und nahm mit Akustikgitarre oder Klavier Songs auf. Als das dann stand arrangierte ich das auch gleich aus. Irgendwann fand ich, dass diese Files eigentlich gut sind, und ich hatte sowieso keine Leute die das hätten aufnehmen können. Die Gesangsparts habe ich mit drei Sängerinnen bestückt, die alle gute Freundinnen von mir sind. Das Ganze war also schon ein Do-It-Yourself-Projekt bis zu dem Moment als ich es an Chris (Christian S. Nickel – Produktion, Mix und Master des Albums) geschickt habe.
STONE PROG: Was machst Du beruflich? Oder bist Du in Ausbildung?
SAMMY WAHLAND: Beides. Einmal mache ich gerade ein Fernstudium zum Thema Tontechnik. Aktuell habe ich nach dem Sommer auch eine Job als Aushilfslehrer an der Schule begonnen, wo ich Abitur gemacht hab. Ich geb da praktisch die Arbeitsaufträge aus und betreue die Schüler.
STONE PROG: Wie kam dann der Kontakt zum Label PPR zustande?
SAMMY WAHLAND: Der kam über mein kleines Dorf! Ich habe da das Wohnmobil mit dem Aufkleber „Progressive Promotion Records“ stehen sehen. Nach Googeln habe ich dann den Oli (Oliver Wenzler ist Labelchef PPR Records – d. Red.) angerufen und gesagt: „Hi, ich bin aus Deinem Dorf und mache Musik.“ Dann hat er sich das angehört und gemeint: „Lass uns was zusammen machen!“ Interessante Story ist dabei, dass ich mit seiner Tochter im Schul-Musical zusammen gespielt habe. Wir kennen uns quasi bereits entfernt aus Kindheitstagen, kann man sagen.
STONE PROG: … und Deine Musik passt in das Label auch voll rein. Glückliche Fügung wenn man so will! Wie bist Du zur Musik gekommen? Bist Du Autodidakt und hast Dir die auf dem Album verwendeten Instrumente selbst angeeignet?
SAMMY WAHLAND: Mal so mal so. Auf der Gitarre bin ich kompletter Autodidakt. Mein Vater hat mir irgendwann eine Gitarre in die Hand gedrückt, und ich hatte keine Ahnung. Die einzige Info die ich von ihm bekam war: wenn du die E-Saite auf D runter stimmst hast Du einen Power-Chord. Ich war mal auf einem MISTER-BIG-Konzert und wollte danach einen Titel nachspielen und hatte die Tabs gegoogelt. Ich hab Akkorde gelernt anhand dieser Tabs. Wenn ich meinen Finger hierhin tue klingt das so, und dahin klingt das so. So hat sich das langsam Stück für Stück ergeben. Darüber hinaus hab ich bei Klavier Unterricht, aber noch nicht so lange. Schlagzeug-Unterricht hab ich schon seit ich sechs Jahre war.
STONE PROG: Auf dem Album fallen als Titelbezeichnungen die Nummern 218, 219, 220 auf. Was hat es damit auf sich? Ich erkenne keine Zusammenhänge zwischen diesen „Zahlen“-Songs, weder musikalisch noch inhaltlich.
SAMMY WAHLAND: Diese Zahlen sind ein großes Thema in jedem Gespräch über das Album. Ich möchte das nicht verraten, bis jemand darauf kommt. Der erste der das tut, dem schenke ich ein SAMMARY T-Shirt. Ich verrate nur so viel: es geht ja in dem Album um Triebe. Man kann ja überlegen, was die drei Triebe als Hauptbestandteil des Albumkonzepts (nach Liebe, nach Macht und nach Wissen) mit diesen Zahlen zu tun haben könnten. Frag mich in einem Jahr nochmal, sage ich es vielleicht.
STONE PROG: … und 657 auf dem CD Inlay ist die Summe davon. Das verstärkt diese Mystik noch.
SAMMY WAHLAND: Das stimmt! Das find ich richtig cool zu hören, denn darauf ist bisher noch niemand gekommen.
STONE PROG: Haben die Zahlen etwas mit den Jahren 2018, 2019 und 2020 zu tun?
SAMMY WAHLAND: Nein, gar nicht. Das hat etwas mit diesen drei beschriebenen Trieben zu tun.
STONE PROG: Ok, belassen wir es dabei. Dass du mit 18 als Deutscher englische Texte schreibst, die auch noch einen Sinn haben, finde ich ziemlich beeindruckend.
SAMMY WAHLAND: Danke! Ich muss tatsächlich sagen, dass ich auf deutsch keine Texte zusammen bekomme. Ich bin ausschließlich mit englischer Musik groß geworden, abgesehen vielleicht von „Alle meine Entchen“ und KRAFTWERK.
STONE PROG: Viele sagen ja, dass deutsch in gesungenen Texten nicht klingen würden und keinen Sound haben.
SAMMY WAHLAND: Ich würde nicht sagen dass Deutsch schlecht klingt. Besonders bei RAMMSTEIN sieht man wie wundervoll die deutsche Sprache sein kann. Es ist toll zu sehen, wie wie TILL LINDEMANN mit der Sprache umgeht und mit Erwartungen spielt. Seine Texte sind absolut großartig. Und das sagen auch Leute in meinem Bekanntenkreis, die nicht die größten RAMMSTEIN Fans sind.
STONE PROG: Gibt es neben deiner Musik noch andere Prioritäten in Deinem Leben?
SAMMY WAHLAND: Freunde und Familie sind hier ein ganz großes Ding. Manchmal kommen gerade die Freunde etwas zu kurz; ich bin da noch in einigen Jazz Projekten drin. Ich bemühe mich aber sehr darum, für meine Freude da zu sein wenn sie mich brauchen. Ich fühle mich gesegnet, wirklich wundervolle Freunde zu haben. Auch die Familie; ich war gerade mit meinem Vater sechs Wochen in den USA, und mit meiner Mutter an der Nordsee. Das alles ist mir eine ganz wichtige Priorität und kommt eigentlich auch vor der Musik.
STONE PROG: Du hast bestimmt auch in vielen Gesprächen festgestellt, dass sich die Musikszene gewandelt hat. CD ́s scheinen auszusterben, Hörgewohnheiten ändern sich, Prog Rock ist für junge Menschen uninteressant.
SAMMY WAHLAND: Ja, es fällt mir schon auf, dass sich der progressive Rock sich in meiner Generation als, sagen wir mal, schwierig darstellt. In den Musikerkreisen, in denen ich mich bewege gibt es schon Leute, die diese Musik sehr wertschätzen. Aber in meiner Generation wird der progressive Rock praktisch nicht mehr gehört, abgesehen vielleicht von Mainstream Sachen von PINK FLOYD oder GENESIS. Was die an Rock hören ist z.B. GREEN DAY oder MANESKIN (haben den ESC gewonnen). Über die letzten Jahre hatte ich das Gefühl, dass die populäre Musik immer träger wird und wenig neues kommt. Mittlerweile bin ich aber ein sehr großer Fan von z.B.BILLIE EILISH geworden. Das ist zwar auch Pop, aber solche Acts haben quasi eine neue Art des Producings gefunden. Durch das hier verwendete sehr Minimalistische und das Weglassen des ganzen Überproduzierten haben sie es geschafft, einen neuen Weg zu weisen. Es kommt immer irgend jemand um die Ecke, dem das aktuelle nicht mehr gefällt, der es anders macht und so ein neues Publikum findet. Das war schon immer so. Ich glaube wir müssen uns keine Gedanken darüber machen dass irgendwie Stillstand kommt. Irgendwann haben die Leute einfach keinen Bock mehr auf Mainstream. Es wird immer neue Leute geben, die auf neue Ideen kommen. Es gibt auch im Progressive-Rock-Bereich Leute die hingehen und sagen ich hab ne neue Idee. Du hast vorhin gemeint dass ich eventuell so jemand wäre; ich hab keine Ahnung, ob ich jemals so eine Person werde. Ich guck mal was passiert.
STONE PROG: Mich würde mal Deine Meinung als junger Mensch zu einigen Rock-Mega-Acts der heutigen Zeit interessieren, die stark vom Mainstream abweichen und trotzdem erfolgreich sind. Was hälst Du beispielsweise von TOOL? Die können mit dem Finger schnippen und kriegen die Hallen voll, obwohl die schwierige und komplexe Musik spielen.
SAMMY WAHLAND: Das Energie-Level bei TOOL ist immer bei 100%. Auch wenn einem die Musik nicht zu 100% zusagt, die geben immer alles und ziehen dadurch insbesondere live die Leute in ihren Bann. Bei RAMMSTEIN ist das ähnlich.
STONE PROG: Kennst Du MUSE? Spannend finde ich hier, dass man in der Prog-Szene kaum über die spricht, obwohl die doch zumindest in Ansätzen progressive Rock spielen.
SAMMY WAHLAND: Die letzten Tage höre ich MUSE rauf und runter. Die haben sehr interessante Platten in der Vergangenheit gemacht und sich dabei öfters neu erfunden. Die sind definitiv auch groß! Ich hab mir gerade eine Karte für das Konzert kommendes Jahr in Köln gekauft, wo ich wegen der Ticketpreise fast in Ohnmacht gefallen bin. Ich liebe auch BIFFY CLYRO, besonders deren letzte Platte. Da war ich auch kürzlich beim Konzert. Früher haben die schweren Riff-Rock mit großen Mitsing-Parts gemacht, aber die letzte CD – das ist richtig Prog! Interessante Rhythmuswechsel, interessante Songstrukturen, und sind damit auch sehr erfolgreich! Ein Teil der Musik ist auch massentauglich zugänglich; aber eigentlich kann ich mir nicht erklären warum die so viele Leute ziehen. Das Einzige was ich bei diesen Bands etwas erschreckend finde: ich kenne keinen dieser großen Acts der nicht schon mindestens 20 Jahre in der Szene ist. TOOL, RAMMSTEIN, BIFFY CLYRO oder STEVEN WILSON. Alle schon lange dabei!
STONE PROG: Abschließend nochmal zurück zu Deiner Musik: viele erfahrene PROG Fans schätzen Dein Album schon als ein besonderes Werk ein! Bereits das instrumentale Einspiel des Albums eher als Sound-Collage gebaut, überrascht, auch der „Epilog“ mit der Rückblende auf den Titelsong „Monochrome“, auch das gesamte Album ist insgesamt sehr gut strukturiert. Es hat einfach irgend etwas, irgend etwas besonderes!
SAMMY WAHLAND: Dankeschön! Wir hoffen dass wir nächstes Jahr das zweite Album raus bringen können.
STONE PROG: Na das ist doch eine tolle Nachricht, da bin ich jetzt schon gespannt. Vielen Dank für das sehr angenehme Interview! Ich gehe davon aus, dass wir uns bald mal bei irgendeinem Konzert mal treffen werden. Bis irgendwie bald!
SAMMY WAHLAND: Bis irgendwie bald. Tschau!