Die Serie der Comebacks reißt nicht ab – neben Ice Age, Chandelier, oder ganz aktuell Everon – meldeten sich im letzten Jahr auch die Skandinavier von Beardfish mit einem neuen Album zurück. Und wie es der Albumtitel „Songs for Beating Hearts“ vermuten lässt, dreht sich darauf alles um die Liebe. Renald Mienert sprach mit Bandleader Rikard Sjöblom.
Wenn eine Band ein Comeback startet, dann braucht sie in der Regel Geld!
Na ja, für uns trifft das jedenfalls nicht zu. Reich werden wir mit unserer Musik nicht, uns gibt es, weil wir die Musik lieben.

War auch nur Spaß. Dafür seid ihr in der falschen Szene. Aber was waren denn nun die Gründe, sowohl für die Trennung als auch für den Neustart?
Die Trennung ist uns nicht leicht gefallen. Aber damals konnten einige Bandmitglieder einfach nicht mehr zusammen arbeiten. Sie mochten sich nicht mehr. Wir wollten weitermachen, aber wir wollten dabei kein Bandmitglied verlieren. So fanden wir keine Lösung außer aufzuhören. Leider. Einige Jahre später hat man dann erkannt, wie eng befreundet man doch war. Man kannte sich das ganze Leben. Und es war nicht leicht einzusehen, dass die Trennung ein Fehler war. Wir waren nicht die erste Band, der das passiert ist und werden wohl auch nicht die letzte sein. So etwas gibt es ja auch in Partnerschaften. Manchmal braucht man eine Pause. Und der Grund für die Wiedervereinigung ist ganz einfach, wir haben uns vermisst. Ich hatte einige Songideen und dachte, das klingt nach Beardfish. Das erste Mal, als wir dann wieder zusammen gespielt hatten, habe ich Gänsehaut bekommen, es fühlte sich so gut an. Ich bin wirklich froh darüber.
Kurz vor der Veröffentlichung des neuen Albums erschien “Destined Solitaire” – einer eurer Klassiker – anlässlich des fünfzehnjährigen Jubiläums auf Vinyl.
Besonders ich und unser Drummer hatten sich schon immer gewünscht, dass es unsere alten Alben auch als Vinyl gibt. Aber bevor wir wieder zusammen waren, war es einfach schwierig die Dinge zum Laufen zu bringen. Aber jetzt werden Schritt für Schritt alle anderen früheren Alben als Vinyl erscheinen.
Passend zum Erscheinungstermin von „Songs For Beating Hearts“ habt ihr auch auf der letzten NotP gespielt.
Das Publikum auf der Loreley ist ja generell sehr freundlich. Aber wir waren schon überwältigt, ich meine, es war ziemlich voll und es war ja erst Nachmittag. Der Gig war großartig, ich denke, wir haben gut gespielt und die Besucher waren fantastisch.

Für die Songs bist wie üblich du verantwortlich?
Ich hatte wie gesagt einige Ideen, keine fertigen Songs, eher ein paar Passagen. Die haben wir dann probiert, aber ich glaube, nichts davon hat es dann auch wirklich auf das Album geschafft. Vielleicht greifen wir ja später darauf zurück. Wir haben tatsächlich genug Material aufgenommen für ein Doppelalbum, uns aber dann für die Songs entschieden, die aus unserer Sicht am besten zusammenpassen. Da gibt es zum Beispiel zwei Longtracks, die sehr gut sind, aber nicht auf dem Album enthalten, weil sie nicht zu den anderen gepasst haben. Hoffentlich werden sie später veröffentlicht. Es dreht sich ja um das Thema Liebe, in jeglicher Ausprägung – für einen Partner, ein Familienmitglied oder auch ein Tier.
Werden deine Ideen von den anderen Bandmitgliedern auch mal abgelehnt?
Es kam durchaus vor, dass die anderen einige meiner Ideen nicht mochten. Manchmal versuchte ich mich durchzusetzen, manchmal habe ich aufgegeben und versuche, den Song woanders zu verwenden. Wenn dir etwas nicht gefällt, dann solltest du es auch nicht spielen, es tötet die Seele.
Es gibt auch weiblichen Gesang!
Das gab es noch nicht bei Beardfish. Die Stimme gehört meiner Verlobten Amanda.
Und sie hat vermutlich gesagt, wenn ich nicht auf das Album komme, heirate ich dich nicht?
Nein (lacht), ich habe sie gefragt. Der Song “Autumn” ist als Duett geschrieben. Ich war mir nicht sicher, ob das Stück zu Beardfish passen würde. Also habe ich ihn den anderen Bandmitgliedern vorgespielt und es hat ihnen gefallen. Dann sagte ich, es muss aber ein Duett werden, und sie waren einverstanden.

Was hat es mit der doch sehr ungewöhnlichen Bonusversion von “Ecotone” ganz am Ende der CD auf sich?
Glaub es oder nicht, die Idee dazu kam von unserem Drummer, und er ist auf dem Song nicht mal zu hören. Er mag solche Sachen, ursprünglich dachte er an etwas wie “Oxygen” von Jean Michel Jarre. Mir gefiel die Idee und ich begann damit zu arbeiten. Der Song passt so natürlich nicht zu den anderen Stücken, darum ist es ein Bonustrack geworden. Aber ich finde die Idee interessant, mal ein ganzes Album mit solchen Versionen von älteren Songs zu machen, so im Stil der frühen Achtziger. Wir sind alle mit diesen Videospielen aufgewachsen und ich mag diese Musik.
In der Regel bezeichnet man eure Musik als Retro Prog. Ich empfinde euren Sound häufig als sympathisch ungeschliffen. Das verschafft euch einen ganz individuellen Klang.
Ich glaube nicht, dass das bei uns an der Produktion liegt, wenn wir zusammen spielen, dann entsteht da einfach dieser typische Sound. Es liegt vielleicht auch daran, dass wir versuchen, diese Arbeitsweise aus den Sechzigern oder Siebzigern zu übernehmen, wo die Bandmitglieder zusammen in einem Raum proben. Dabei entsteht ein typischer Bandsound. Wir haben aber auch Alben gemacht, ich glaube bei “The Void” und “Comfortzone”, da wurden zuerst das Schlagzeug und ein paar Basslinien aufgenommen. Aber es klingt auch nach Beardfish, und darüber bin ich sehr froh. Es scheint schwierig für uns zu sein, anders zu klingen.
Du spielst ja auch bei “Big Big Train”, da bist du “nur” Gitarrist.
Damit hatte ich nie ein Problem. Ich fühle mich auch wohl, wenn ich “nur” ein Bandmitglied bin. Ich wollte ja nie Bandleader bei Beardfish sein, es ist einfach passiert, weil ich derjenige bin, der die Musik schreibt. Ich betrachte mich auch nicht als Sänger, aber einer muss es ja machen. Manchmal ist es auch sehr angenehm, einfach nur der Gitarrist zu sein. Aber Big Big Train sind eine sehr demokratische Band, ich habe dort durchaus Einfluss auf die Musik, kann meine Gitarrenparts selbst schreiben. Es ist sehr angenehm, dort dabei zu sein.

Wirst du auch mit „Gungfly“ weitermachen?
Das war ein Soloprojekt von mir. Ich hätte es auch unter meinem Namen veröffentlichen können. Die Musik war etwas Pop orientierter. Aber aktuell fehlt mir die Zeit dafür. Wir haben auch ein kleines Baby zuhause. Ich habe auch noch zwei ältere Kinder, zehn und zwölf, das ist natürlich ein großer Unterschied.
Familie, zwei Bands. Ist die Terminfindung da nicht schwierig?
Bis jetzt gab es keine Probleme. Big Big Train haben ein sehr gutes Management, sie planen Dinge weit im Voraus. Wir wissen jetzt schon, was in einem Jahr ansteht. Alles eine Frage der Planung.
Wir hoffen auch mit Beardfish stehen bald Konzerte in Deutschland auf dem Plan!
Alle Bandfotos: (C) Alexander Lindstrom