Ein Konzert der britischen PINEAPPLE THIEF motiviert uns heute abend einen Abstecher nach Prag zu unternehmen. Allerdings ist nicht die goldene Altstadt unser Ziel, sondern wir fahren direkt zur vorher bequem gebuchten Tiefgarage am innerstädtischen Fernsehturm. Von hier ist das „Palac Akropolis“ nur einen Steinwurf entfernt. Wir laufen auf einen schicken Club in den Kellerräumen eines Wohngebäudes zu, der sich an einer Straßenecke einer eher normalen Wohngegend befindet. Man kann sich vorher in einer Gaststätte in direkter Nähe Club sich noch etwas gastronomisch stärken, oder gleich ins Palac Akropolis gehen, wo man unten schöne Ecken zum Verweilen findet, und hier vorher noch ein gutes tschechisches Bier trinken.

Der Club ist mit vielleicht 400 Fans sehr gut gefüllt; wahrscheinlich ausverkauft. Vorband gibt es erfreulicherweise keine. Bereits um 19.45 Uhr betreten die Mannen um Bruce Soord und Gavin Harrison die Bühne. Im Laufe des Konzertes staunen wir ein klein wenig, dass wir ein sehr gutes, fettes nach vorne gehendes Prog Rock Konzert erleben. Denn die Musik von Pineapple Thief ist eigentlich aus einer gewissen Zurückhaltung heraus spannend: wenn man als Hörer in sinfonischem Prog und Prog Metal zu Hause ist, wartet man an so mancher Stelle vergeblich, dass irgend etwas dramatisches passiert. Aber genau dann, wenn eine elegisch-pathetische Stelle oder ein fettes Riff vielleicht passen würde, ziehen sich die Songs häufig auf eine minimalistisch-zurückhaltende Begleitung des Gesangs von Bruce Soord zurück. Dies ist gerade beim aktuellen Album „It Lead To This“ besonders der Fall. Diese Gestaltung der Stücke kann man diskutieren – wir empfinden dies als eine anhaltende Spannung, aus der die Musik von PINEAPPLE THIEF ihren Reiz zieht.


Die acht Songs von „It Lead To This“ werden über die Konzertlänge alle dargeboten. Es ist die Mischung dieser Lieder mit älteren treibenden Stücken, die den Abend zum geilen Konzert machen. Unter anderem sind weitere acht Stücke dabei, die vor der Zeit der Mitgliedschaft von Gavin Harrison bei PINEAPPLE THIEF entstanden sind. Auch heute ist es ein Genuß, speziell ihn hinter seinem Schlagwerk zu beobachten. Sein songdienliches Spiel auf den Punkt, das immer trotzdem variabel und verspielt daherkommt, sucht in der Drummergilde seinesgleichen. Seit er 2018 als festes Bandmitglied aufgenommen wurde, komponiert er alle Stücke mit Bruce Soord gemeinsam, wodurch die gesamte Musik an Format gewonnen hat. Das Publikum scheint es auch so zu sehen, denn so gut gefüllte Clubs wie heute (vor allem auch mit jüngerem Publikum!) sind selbst bei Prog Bands dieses Formats heute nicht mehr die Regel. Überhaupt muss heute eine Lanze für das Publikum gebrochen werden: an leisen Stellen hätte man man fast eine Stecknadel fallen hören können, das so häufig im Hintergrund störende Gequatsche finden nicht statt. Dafür gibt es nach den Songs umso kräftigeren Applaus.


Etwa in der Hälfte des Konzertes wird vorne am Bühnenrand ein Akustik-Set aufgebaut. Die vier festen Bandmitglieder nehmen hinter kleinem Besteck am Bühnenrand Platz und präsentieren drei ältere Stücke im akustisch abgespeckten Gewand. Wir können nicht anders, als auch hier Gavin Harrison noch einmal hervorzuheben. Denn vor ihm steht eine einzige Snare, die er mit Rods und Besen so bedient, als ob man ein komplettes Schlagwerk hört. Er ist eben einfach nur genial.

Trotzdem ist natürlich Bruce Soord am Mikro der optische und musikalische Mittelpunkt des Konzertes. Für fast jeden Song bekommt er eine neue Gitarre gereicht, häufig sind das akustische Sechssaiter. Mit scheinbar unerschöpflicher kreative Energie und oftmals nur über seine Personalie allein führt er die Unternehmung PINEAPPLE THIEF seit 1999 durch die Welt des Progressive Rock. Feste Bandmitglieder sind neben den beiden genannten Herren noch die eher zurückhaltenden Jon Sykes am Bass und Steve Kitch an den Keyboards. Als zweiten Gitarrist greift Baren Matthews schon ein paar Jahre Bruce Soord kräftig unter die Arme.


Die Songs sind perfekt gespielt. Die Show ist im Set sehr gut gebaut, macht Spaß und lässt die Zeit schnell vergehen. Mit drei Zugaben älterer Songs geht das Konzert pünktlich 22 Uhr zu Ende. Das Licht war nicht besonders, aber der Sound war wirklich sehr gut. Zufrieden treten wir wieder den Heimweg an. Fazit: Ein Konzert mit Pineapple Thief geht immer!


Setlist Teil 1
The Frost
In Exile
Demons
Put it Right
Our Mire
Versions Of The Truth
Every Trace Of Us
White Mist
All That´s Left
Now It´s Your´s
Teil 2 Acoustic Set
Threatening War
Barely Breathing
Snowdrops
Teil 3
Threatening War
Barely Breathing
Snowdrops
Zugaben
Fend For Yourself
Alone At Sea
The Final Thing On My Mind
