Review: Jacob Roberge – The Passing (2025)

Was haben das Zapfen eines guten Bieres und das Komponieren eines radiotauglichen Sommer-Hits gemeinsam? Beides benötigt 7 Minuten, sagt der Volksmund. Dass es sich bei dem Album „The Passing“ weder um ein Bier noch um einen Sommer-Hit handelt, ist unschwer daran zu erkennen, dass das Komponieren dieses Albums 10 Jahre gedauert hat.

Tracklist:

1. The Long Way Home (5:07)
2. Empty Traces, Pt. 1 (5:17)
3. Garden Of Souls (6:27)
4. Petrichor (10:26)
5. Empty Traces, Pt. 2 (5:33)
6. The Passing (32:03)

Komponist ist der Kanadier Jacob Roberge, der hiermit sein erstes Album überhaupt vorlegt. Als er damit begann, war er gerade einmal 16 Jahre alt. Wie er im Booklet in seiner Muttersprache Französisch erzählt (alle Liedtexte sind in Englisch verfasst), hat er in dieser langen Zeit mehrfach vor der Frage gestanden, ob er nicht besser etwas Zugänglicheres und kommerziell Erfolg Versprechenderes komponieren sollte. Da ihm dies aber wie eine Täuschung sich selbst und den Hörern gegenüber vorgekommen wäre, hat er seinen eingeschlagenen Weg konsequent verfolgt und drückt seine Hoffnung aus, dass dem Hörer die Musik auf „The Passing“ zu Inspiration und Besinnlichkeit dienen kann. Um es kurz zu sagen: der Mann hat es sich nicht leicht gemacht! Und hat damit den Weg beschritten, der den Wesenskern des Progressive Rock darstellt.

Jacob Roberge hat nicht nur im Alleingang komponiert und getextet, sondern ist auf „The Passing“ auch für Gesang, Keyboards, Drums und Percussion zuständig. Dabei hat ihn insbesondere William Glaboury unterstützt, der nicht nur E- und Bassgitarren bedient, sondern Roberge auch mental immer wieder aufgerichtet hat. Die Musikrichtung, die Roberge hier einschlägt, ist ArtRock, mit großer Raffinesse und Gespür fürs Detail komponiert. Als 08/15-Prog kann dies wirklich nicht bezeichnet werden. Anleihen bei der Klassik sind nicht selten, so gleich im Piano-Auftakt des Openers „The Long Way Home“ und im anschließenden „Empty Traces, Pt. 1“. Rhythmus- und Geschwindigkeitswechsel sind an der Tagesordnung, sodass der Prog nicht zu kurz kommt. Dabei bleiben die Stücke jederzeit harmonisch und trotz ihrer Komplexität eingängig. Das Flaggschiff des Albums ist das 32-minütige (!) Titelstück. Es beginnt mit Violinenklängen, wird sogleich theatralisch, um danach sämtliche Register zu ziehen, die der ArtRock im Angebot hat, bis hin zu progmetallischen Passagen. Roberge begleitet die Stücke mit seiner angenehmen Stimme, die er mitunter jedoch für meinen Geschmack etwas sehr theatralisch einsetzt. Aber das ist schon Meckern auf sehr hohem Niveau und soll den Gesamteindruck des Albums keinesfalls schmälern.

Im Fazit ist „The Passing“ ein großartiges Album eines bisher zumindest hierzulande wenig bekannten Künstlers. Man kann nur hoffen, dass Jacob Roberge seinen eingeschlagenen Weg weiter geht und nicht noch einmal 10 Jahre für ein Folgealbum benötigt.

Jacob Roberge

Musiker:

Jacob Roberge – Vocals, Keyboards, Drums, Percussion, Bass on „Garden Of Souls“
William Gaboury – Guitars, Bass
Marjorie Bourque – Violin
Julien Sinn – Cello
Gabriel Cyr – Guitar solo on „The Passing“
Rémi Cormier – Trumpet solo on „Petrichor“
Annie Payeur – additional Vocals on „Garden Of Souls“

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